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Dark Souls – Fairness in Spielform

Dark Souls

Alle zwei Minuten stirbt ein Spieler in seinem Durchlauf von Dark Souls. Was wie ein Spendenaufruf klingt, ist harte Gaming-Realität. Nicht nur sieht jeder Spieler knapp 700 „Game Over“s pro Durchlauf, nicht einmal jeder Zweite sieht einen der vier letzten Bosse, geschweige denn den Abspann.

Morgen erscheint Dark Souls 2 endlich für den PC und ist dann auch für den letzten Spieler verfügbar. Beste Zeit also, als Missionar der Sonne loszuziehen und Leute für die gute Sache zu gewinnen. Stirb für Dark Souls, wenn du nicht nach den Regeln spielst. Der Blick auf Dark Souls ist geprägt von Blicken auf ein sadistisches Spiel, welches mit aller Kraft den Spieler in Fallen locken und (unfair) töten will. Dass das eben nicht so ist und dieser Blick ein rein oberflächlicher ist, das möchte ich euch beweisen. Ist doch Herzenssache.

Abgesehen von der Tatsache, dass ein einstellbarer Schwierigkeitsgrad dem Spiel eher schaden als nützen würde, ist sich die Spielerschaft insgesamt erstaunlich einig darüber, wie fair Dark Souls trotz seiner Schwierigkeit eigentlich ist. Der hohe Anspruch, der dem Spieler einiges an Umgewöhnung abverlangt, ist ebenso neu und erfrischend, wie die Herangehensweise des Spiels an das Genre. Dark Souls bietet nicht sonderlich viel an Hintergrundgeschichte oder Anweisungen für den Spieler, kann aber dennoch die dichteste Atmosphäre aufbauen, die ich seit einigen Jahren in Rollenspielen gesehen habe. Während man bei anderen Spielen mit Anweisungen bombardiert und jedes Ziel sofort auf drei Minimaps markiert wird, reichen bei Dark Souls zwei zu läutende Glocken für stundenlangen Spielspaß.

Dark Souls 2

Dass dieser hohe Anspruch aber nicht mit Unfairness gleichzusetzen ist, sieht man schnell an den Errungenschaften der Community. Keine andere Community ist so heiß darauf, immer neue Herausforderungen zu suchen. In diversen sozialen Netzwerken wie Twitch, YouTube oder reddit sind echt wahnsinnige “Challenges” für das angeblich so unfaire Spiel zu entdecken. Neben dem New Game+ sind die sogenannten „Onebros“, also die Spieler, die mit Level 1 das Spiel beenden, noch eine geläufige Variante. Damit fängt der Abenteuergeist der User aber erst an: Ein anderer Vorschlag ist, das ganze Spiel über nur das zerbrochene Schwert vom Spielbeginn an zu benutzen oder ganz auf Waffen zu verzichten und Gegner nur mit einem Schild zu bekämpfen. Ja, sowas machen Leute wirklich. Die Möglichkeiten und Ideen nehmen kaum ein Ende – das alles dank der rollenspielerischen Freizügigkeit der Serie, die in Dark Souls ihren vorzeitigen Zenit erreichte.

Der Wunsch nach Herausforderung und eine leichte Lebensmüdigkeit ergibt sich bei Spielern von Dark Souls aufgrund ganz eigener Regeln, die in Dark Souls herrschen. Die heutige Spielelandschaft ist geprägt von vereinfachten und glattgeschnörgelten Titeln für die Masse. Zugeschmissen mit Regeneration und/oder massig Medipacks, strotzdummen Haudrauf-Gegnern und fast sarkastisch einfachen Missionszielen muss sich kaum ein Spieler noch ernsthaft mit einem Spielsystem auseinandersetzen. Dark Souls ist ein Faustschlag in die Welt des „Casual Gamings“. Nicht etwa – und es so zu bezeichnen wäre auch fatal – weil nur echte „Hardcore-Gamer“ das Spiel beenden können, sondern weil es Zeit fordert. Jeder kann es beenden und es gibt keine Möglichkeiten, es besser oder schlechter zu spielen. Dark Souls weißt andere Regeln und Parameter auf, als jedes andere Rollenspiel und benötigt deshalb den Willen und die Zeit, sich mit dem Spiel und seinem System zu befassen. Wer das nicht tut, sendet spätestens bei dem zweiten Boss Gevatter Tod ein High-Five.

Dark Souls Bonfire

Was sind das denn aber für eigenartige Regeln? Viele Spiele aus vielen Genres beinhalten einen mächtigen Protagonisten, der sowieso mächtiger als seine Gegner ist. Sie loben den schnellen, brutalen Kampf – gegen den schwachen und nur in Massen gefährlichen Gegner. Und genau da differenziert sich Dark Souls von anderen Spielen! Der Spieler in Dark Souls muss vorsichtig, taktisch und geduldig sein. Geduldig deswegen, weil er die Muster der zahlreichen Gegner verstehen und seinen eigenen, sehr differenzierten Charakter perfekt beherrschen muss. Selbst der Gegner aus dem frühesten Spielverlauf kann, wenn der Spieler nicht aufmerksam ist, den schnellen Tod bedeuten. Und wenn er nicht den Tod bedeutet, dann nur, weil der Spieler Dark Souls endlich verstanden hat. Im schlimmsten Fall invadiert ein anderer Spieler deine Session – und fällt dir beim Kampf in den Rücken.

Aber davon darf man sich nicht entmutigen lassen. Die Fairness in Dark Souls liegt darin, dass jeder einzige von uns mit etwas Mut und Geduld seinen Charakter beherrschen und jeden Gegner besiegen kann. Spätestens dann kann man Dark Souls in vollen Zügen genießen – natürlich auch schon vorher. Dark Souls ist das erste Spiel in 15 Jahren, in dem ich mit Freuden einen Durchlauf im New Game++ gestartet habe – und das mag was heißen. Der Titel des Spiels hat inzwischen in seiner Nennung einen ehrfüchtigen, beinahe religiösen Klang. Und dennoch wird er in seiner Art von Vielen so sehr missverstanden. Dark Souls ist fair und ehrlich, so ungewohnt ehrlich, dass es wehtun kann. Nehmt euren Mut zusammen, es ist halb so schlimm – ihr würdet eines der besten Spiele unserer Zeit verpassen.

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