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Murdered: Soul Suspect im Test – L.A. Noire meets Ghostbusters?

Soul Suspect
Erst wirft der sogenannte Glockenkiller den Detektiv Ronan O’Connor aus dem vierten Stock und verpasst ihm danach sieben Kugeln in die Brust. Als Ronan neben seinem Körper aufwacht, ist er kein Mensch mehr. Er muss feststellen, dass er grade getötet worden ist und auch nicht mehr zurück kann – er ist nun in einer Zwischenwelt. Was also tun, um Ruhe zu finden und sich mit seiner dahingeschiedenen Geliebten zu vereinen? Genau: Wir spielen Räuber & Gendarme und suchen uns den Killer.
Klingt ungewöhnlich, ist es aber auch. Die Grundprämisse von Murdered: Soul Suspect weicht erfrischend vom Genrestandard ab. Im Krimi-Adventure-Mix schlüpft ihr in die Haut von Ronan , dem Detective aus der bedeutungsschwanger benannten Stadt Salem. Aus seiner Zwischenwelt heraus kann er leider nur mit einem Medium namens Joy mit den Menschen kommunizieren und versucht auf diesem Wege, den Fall zu lösen.

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Nicht erst durch den komplett neuen Titel und die unkonventionelle Prämisse zeigt Square Enix, dass sie einen mutigen Schritt in noch nicht zerlaufene Pfade machen möchten. Ronan, der zwar als Protagonist unheimlich klischeebeladen ist und nicht mit originellem Design punkten kann, bekommt eine erfrischende Charakterzeichnung spendiert: Im Intro sehen wir den Hintergrund jeder seiner Tattoos und erfahren so kurz aber recht eindrucksvoll seine Lebensgeschichte. Anfangs wirkt Ronan eher wie ein Haufen Klischees und macht es uns schwer, ihn als Protagonisten zu schätzen. Wenn wir aber etwas Zeit in die Suche nach Informationen stecken, bekommen wir immer wieder Häppchen über Ronans Person geliefert. Beispielsweise erfahren wir in Form von kurzen Gedanken seiner Frau über kleine Beziehungskrisen oder Begebenheiten, die Ronan etwas menschlicher (oder eben nicht…) und sympathischer machen. Oftmals sind die Inhalte für die Story nicht ausschlaggebend, machen Ronan als Person allerdings zugänglicher. Hier und da ist Ronan, nicht erst durch sein typisches Detective-Design, inklusive seiner Dialoge von Klischees durchtränkt. Alles in allem werden durch sein humorvolles und interessantes Auftreten jene Klischees wett gemacht und Sympathie generiert. Ich empfehle den Herrn von Square und Airtight Games aber mehr Mut zur Tiefe. Mehr Investition in Charaktertiefe und Emotionalität hätte Ronan gut getan und wäre ein mögliches Ziel für einen zweiten Teil.

Soul Suspect
Die grundlegende Spielmechanik ist trotz paranormalem Überbau altgewohntes Adventure-Gameplay. Da Ronans Kommunikation mit der Menschenwelt auf einen Kanal begrenzt ist und er sich sonst nur als scheinbar kaum gruseliger Poltergeist betätigen kann, bestehen seine Untersuchungen aus vielen Beobachtungen und noch mehr Denken. Ein bisschen erinnert das Gameplay schon an Team Bondis L.A. Noire aus dem Jahr 2011. Gegenstände, Personen oder Tatorte werden von euch untersucht. Habt ihr genug Informationen aus den Gedanken der Personen oder den Gegenständen im Level gesammelt, könnt ihr den Denkprozess starten. Hier wählt ihr wichtige verschiedene Hinweise, um zu einem Ergebnis zu kommen. In der Regel bestehen die Untersuchungen immer daraus, einen neue Richtung im aktuellen Level zu finden und voranzukommen. Dass man allerdings Untersuchungen niemals “verhauen” kann und so eher mit Samthandschuh durch die Untersuchung geleitet wird, schadet dem Spielgefühl. Das Sichern von Beweisen erreicht in keinem Moment die spielerische Tiefe eines L.A. Noires. Dafür ergeben die Untersuchungen stets Sinn, verlieren sich durch die Einfachheit aber im simplen Absuchen des Levels. Jene Level in der Zwischenwelt bestehen aus dem “heutigen” Aussehen und einigen Teilen aus der Vergangenheit. Während wir durch alle modernen Stücke durchlaufen können, begrenzen die Jahrhunderte alten Gegenstände unser Level. Ebenso, und das wird uns direkt am Anfang des Spiels erklärt, können die Geister keine Gebäude betreten, die gesegnet worden sind – es sei denn, durch ein Fenster oder eine Tür. Daraus resultieren interessant gemischte Level mit einigen Objekten, die durch ihre altertümliche Besonderheit das Gesamtbild aufwerten.

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Neben den Informationshäppchen gibt es auch Hinweise zu Nebenfällen zu sammeln. Seien es jetzt einfache Stories über Begebenheiten oder andere Geister, die Hilfe bei der Aufklärung ihres Todes brauchen – im Allgemeinen sind die Geschichten interessant gestaltet und motivieren in der Regel zum Suchen. Direkt zu Anfang des Spiels finden wir eine Geisterdame, die einer Aufklärung zu ihrem Tod bedarf. Kurze Zeit und einige Hinweise später offenbaren wir ihr ihren Wassertod beim Versuch, Menschen vom sinkenden Schiff der “Monohansset” zu retten. Das mag erstmal nicht besonders originell klingen, besonders herauszuheben ist aber die Echtheit dieses Vorfalls. Square Enix hat sich hier an einem wirklichen Geschichte orientiert. Eine kurze Recherche ergab, dass laut dem Urbana Daily Courier vom 26. November 1907 die Monohansset wirklich gesunken und die Crew von Anwohnern gerettet wurde. Eine Kleinigkeit, die man beachten sollte. Vor Allem, weil es keine große Katastrophe, sondern ein kleiner Vorfall ist. Insgesamt sind sämtliche Collectibles außerhalb der Story recht interessant und spiegeln einigen journalistischen, wie kreativen Eifer der Entwickler wider.

Soul Suspect
Und wenn ihr keine Hinweise sucht, spielt ihr eine Katze. Was? Genau, eine Katze. Kommt ihr als Mensch nicht weiter, kraxelt ihr in Fell und mit Krallen Gebäude hoch, springt auf Tische und haut mit Tastendruck ein zartes “Miau” in die Welt. Das Ganze ist teil des Stealth-Systems von Murdered: Soul Suspect. Um den kargen Alltag eines Geister-Detectives von seiner Gräue zu befreien, haben Airtight Games einige Genres durcheinander gemischt um ein abwechslungsreiches Spielerlebnis zu basteln. Das Ergebnis mag die Geister scheiden, mir hat das Ganze durchaus Spaß gemacht. Natürlich beherbergt eine standesgemäße Zwischenwelt allerhand verlorene Seelen, die als Dämonen Jagd auf “normale” Geister machen wollen – so auch auf Ronan. Schlendert Ronan gemütlich durch den Tatort, kann es passieren, dass ein Dämon auftaucht. Schafft es Ronan, sich anzuschleichen – dann ist der Dämon nach einem kurzen Quick Time Event Geschichte. Generell sind die Kämpfe wie auch die Rätsel im Spiel nicht wirklich anspruchsvoll, haben auf mich allerdings einen auflockernden Effekt gezeigt. Davon ab, sind die Dämonen samt ihrer Animation gut gestaltet. Genau dieser Mix, der neue Titel und die unkonventionelle und doch traditionelle Herangehensweise an die Spielmechanik unterstreicht ganz klar, dass Square Enix mit Murdered: Soul Suspect einen bewussten, aber vorsichtigen Schritt in neue Richtungen gehen möchte.

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So gut Ronan, Joy und die Dämonen auch gestaltet sein mögen, insgesamt haben Airtight Games und Square Enix ihrem Titel eher ein veraltetes Aussehen verpasst. Murdered: Soul Suspect hat zwar hier und da nette visuelle Schimmer wie der Rauch von Ronans Zigarette oder Licht, das durch seine Einschusslöcher scheint, aber sonst trägt Murdered: Soul Suspect den Stempel der letzten Konsolengeneration. Ursprünglich wurde Murdered: Soul Suspect für die PS3 und Xbox360 entwickelt und hat deshalb einige visuelle Einbußen genommen. Unscharfe Texturen, generisches Figurendesign bei Nebenfiguren und technische Schwierigkeiten wie falschen Animationen oder abgeschnittenen Sätzen schmälern das Erlebnis. Da ich aber visuelle Makel vernachlässigen kann, konzentriere ich mich hier mehr auf die spielerischen Qualitäten – und die Waage wiegt dort auch wesentlich schwerer. Im Allgemeinen wirkt Murdered: Soul Suspect visuell einfach nicht wie ein NextGen-Titel. Offensichtlich der Entwicklungshistorie geschuldet, liegt Murdered: Soul Suspect weit hinter einem Killzone oder inFamous zurück, die gezeigt haben, wie PS4-Spiele direkt anfangs aussehen können. Dennoch – genug Spiele haben trotz mangelhafter Grafik begeistert und deshalb bleiben wir hier bei der Waagen-Analogie.

Fazit: Murdered: Soul Suspect kämpft mit sich selbst. Durch die neue Herangehensweise, die charmanten Dialoge zwischen Joy und Ronan und das solide Gameplay fahren die Entwickler Potential für einen interessanten Titel auf. Zeit, um nach Hinweisen zu suchen, wird mit lohnenswerten Informationen über die Charaktere belohnt und langsam machen Klischees Platz für Sympathie. Murdered: Soul Suspect ist ein Spiel, in das hinein gefunden werden muss, welches mit vorgefertigten Meinungen abgeschmettert wird. Vielen Spielern werden die schwache Technik, die seichten Ermittlungen und das behäbige Gameplay den Zutritt verwehren. Square, bitte in Zukunft mehr Charakterzeichnung, mehr Emotionen und mehr Tiefe in der Spielmechanik – dann sollte der Vorstoß in noch höhere Wertungsregionen kein Problem darstellen.

Unsere Wertung:Murdered-Rebelgamer-Wertung

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