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Hohokum im Test – Flog eine Schlange über den Hügel…

Unter uns erstreckt sich ein farbenfroher Jahrmarkt. In Form einer dünnen Schlange mit einem Auge an der Spitze schweben wir über diesen wuseligen Ort. Die vielfältig gestalteten Menschlein amüsieren sich unter uns an Wippen, verschiedenen Ständen und Fahrgeschäften. Fliegen wir an ihnen vorbei, springen sie tanzend auf und fliegen ein kleines Stück mit uns.
Der Begriff des künstlerischen Spiels kommt heute nicht seltener vor als der des “Indie-Games”. Titel wie Braid oder FEZ gelten als künstlerische Spiele – und sind gleichzeitig durch unabhängige Entwickler entstanden. Hohokum ist ein solches Kunstspiel. Ein sehr Interessantes sogar.

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Hohokum ist ein Exklusivtitel für die PlayStation 3, 4 und Vita und reiht sich damit neben große Titel wie Journey und Flower ein. Dahinter stecken die britischen Entwickler Honeyslug aus London in Kooperation mit Sony Santa Monica. Honeyslug machen nach eigener Angabe einfach “witzige Spiele” und haben sich für Hohokum unter Anderem von indigenen Kulturen und dem Steigenlassen von Drachen inspirieren lassen. Der Titel des Spiels kommt tatsächlich von einem falsch geschriebenen Namen einer amerikanischen indianischen Kultur namens “Hohokam”.

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So schwer Hohokum im Großen und Ganzen zu beschreiben ist – die einzelnen Elemente sind da nicht leichter zu entziffern. Wir steuern eine Art fliegende Schlange durch diverse farbenfrohe Welten. Insgesamt gibt es 17 solcher Welten, die wir durch einen gebärmutterartigen “Hub” (die Symbolik möge jeder für sich bezeichnen) ansteuern können. Jede Welt ist ein in sich schlüssiger Mikrokosmos, mit ganz eigener Interaktion, eigenen Regeln und eben eigenen Zielen. Auf dem Jahrmarkt sammeln wir Passagiere ein und schalten Lichterketten an; in einer Hügelwelt bringen wir den Bewohnern Drachen und bringen sie damit zu den Hügeln und in der Nächsten treffen wir einen fleißigen Töpfer – ob wir damit aber irgendein Ziel verfolgen, das verrät uns Hohokum nicht.

Das Design der Welten entbehrt nicht selten jeder realen Vorlage und wirkt oft wie aus einem Traum entsprungen. Es dreht sich aber in jeder Welt um das Experimentieren, das Versuchen. Indem wir schlicht und einfach mit der Welt interagieren, indem wir Wespen verscheuchen, Pusteblumen verteilen und Passagiere mitnehmen, versuchen wir diese Welt zu verändern und eben ein Ziel zu erfüllen. Hohokum nimmt den Spieler an keiner Sekunde an die Hand und erwartet schlichtweg, dass der Spieler jede Welt erkundet. Deswegen gibt es auch an keiner Stelle Dialog, eine Geschichte oder Zusammenhänge zwischen den Welten – Hohokum arbeitet mit Symbolen, mit Reaktionen und Gestiken.

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Und was sind das für Welten! Ein extrem detailreicher, wunderschön durchdachter und gestalteter Mikrokosmos nach dem anderen. Ob wir den Bewohnern ihre Drachen besorgen, auf dem Jahrmarkt die Achterbahn wieder anwerfen oder auf einer Hochzeit die Gäste zum Tanzen und das Brautpaar zum Altar bringen – die Welten und ihre Ziele sind allesamt unterschiedlich. Ebenso hat jede Welt eine in sich schlüssige, ganz eigene Interaktion zwischen Spieler – oder Schlange – und Umgebung. Das bedeutet eben, dass das Gameplay zwar in jedem Level gleich bleibt, die Interaktion aber eine solche Abwechslung aufweist, dass keine schnelle Langeweile aufkommt. Allgemein zeugt die Vielfalt der Levels von einer unheimlichen Kreativität, die von einem angenehmen Elektropop-Soundtrack untermalt wird, der am Besten mit Kopfhörern genossen wird.

Die fehlenden Zusammenhänge und die große Freiheit ist gleichzeitig Fluch und Segen für Hohokum. Das komplett freie Erleben ist genau richtig für den künstlerischen Aspekt von Hohokum, dem Gameplay schadet es letztlich aber. Die Abstinenz jeder Linearität empfindet jeder anders, aber zumindest eine Zielangabe oder eine grobe Richtungsweisung würde in vielen Situationen das Erlebnis zusätzlich entspannen – und darauf zielen Honeyslug letztlich ab: Ein entspannendes Erlebnis.

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Unser Fazit:
Hohokum ist ein komplett visuelles Abenteuer: Es gibt kein erklärtes Ziel, keine Geschichte. Es sind die kleinen Nuancen – die kleinen Drachen der Hügelbewohner – die die Geschichte ausmachen. Um Hohokum zu genießen ist eure rechte Gehirnhälfte gefragt. Dabei steht Hohokum sich lediglich selbst im Weg, indem es jede Spur von Linearität hinter sich lässt und somit mehr Anspannung als Entspannung erschafft. Hohokum kann die fehlende Abwechslung im Gameplay und eine problematischen Steuerung nicht durch gestalterische Tiefe wett machen. Weder die Entspannung eines Flower, noch die emotionale Tiefe eines Journey werden erreicht und so muss sich Hohokum bei den Exklusivtiteln hinten anstellen. Wer die abwechslungsreiche Gestaltung schätzt und sich darauf einlassen kann, der wird seinen Spaß mit Hohokum haben und all das Herzblut erkennen, das Honeyslug in das Design gesteckt haben.

Unsere Wertung:

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