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Mario und Mercedes: Gamer und die Werbeindustrie halten Händchen

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Schon vor einigen Monaten hat Nintendo angekündigt, einen glänzenden Mercedes in Mario Kart 8 integrieren zu wollen. Wir berichteten nichtsahnend über Nintendos Pläne, dafür im Sommer diesen Jahres einen DLC zu veröffentlichen. Fans freuen sich – und ein Mitarbeiter von Ubisoft wird wegen seiner Kritik an diesem Inhalt kurzerhand als dumm abgestempelt. Die Kritik am ewigen Unschuldslamm Nintendo zu verneinen und den Mercedes-DLC als simple Dreingabe zu betrachten, ist ein naiver Irrtum und ein grober Fehler.

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Werbung in Videospielen ist nichts Neues. Bereits 1993 warben Adidas und Panasonic bei Spielern von “FIFA International Soccer”. Und natürlich hörte es da nicht auf: Ob nun das Sony Ericsson-Terrorabwehr-Handy in “Splinter Cell” oder die kuriose Pizza Hut-Rüstung in Phantasy Star Portable 2, schon lange ziert Werbung unsere geliebten Pixel. Selbst Obama schaltete für seinen Wahlkampf 2008 eigene Werbung im beliebten Football-Titel “Madden”. Wesentlich aggressiver noch gehen die US-Firmen Mountain Dew und Doritos vor: Durch exklusive Codes können Spieler des erst bald erscheinenden Call of Duty: Advanced Warfare besonderes Gear im Franchise-Look ergattern.

Videospiele sind schließlich ein Massenmedium – und richten sich somit natürlich an die Massen. Immer mehr Gruppen außerhalb der Hardcore-Gamer werden von Handygames, Indie-Titeln und Familienspielen erreicht, nämlich Spieler aller Altersklassen. Und seit jeher hat die Wirtschaft Interesse daran, durch den Kanal der Massenmedien neue Käufergruppen zu erschließen: Durch die Zeitung, das Radio, das Fernsehen und schließlich das Internet. Cookies bestimmen die Werbebanner auf unseren Webseiten, E-Mails berichten uns von den neuesten Angeboten: Massenmedien sind eine riesige Chance für die Industrie. Deshalb ist das blinde Durchwinken eines solchen werbenden Inhalts, wie bereits gesagt, ein grober Fehler – und mindestens unvorsichtig.

FIFA-1993

Natürlich ist es jedem selbst überlassen, ob und wie sehr man sich über einen aschgrauen Mercedes Benz GLA in Mario Kart 8 freut. Während früher diese hämisch genannte “Schleichwerbung” unauffällig und still eingefügt wurde, freut sich heutzutage die Spielerschaft offen darüber. Bei aller Freude dürfen nicht die Folgen einer solchen Entwicklung übersehen werden: Die Industrie hat ihren Fuß in der Tür. Es geht nicht um einen Mercedes unter hunderten anderen Autos in einem “Gran Turismo”, sondern um das erste reale Fahrzeug in einem der erfolgreichsten Spieleserien aller Zeiten.

PizzaHut

Der Mercedes in Mario Kart 8 bedeutet nicht nur bewusste – und von den Spielern sehr begrüßte – Werbung, sondern die Erschließung einer vorher noch nicht erschlossenen Zielgruppe. Da Mario Kart 8 keine Altersbegrenzung hat und am ersten Wochenende mehr als eine Million mal verkauft wurde, betrifft der “Mercedes-DLC” nicht wenige Kinder und Jugendliche. Es gibt für einen Achtjährigen kein unwichtigeres (und langweiligeres) Thema, als der Volvo-Kombi, den er sich mit Anfang Dreißig zulegen wird. Dank dem neuen DLC werden aber komplett neue Zielgruppen mit irrelevanten Fragen bombardiert – und das könnte erst der Anfang sein. Böse Zungen mögen behaupten, Mario trüge bald einen Overall von Hollister.

Niemandem möchte ich seinen Spaß an Mario Kart 8 und seinem Mini-Mercedes vermiesen. Für den einen ist es bewusstes “Product Placement”, für den anderen ein Quell für mehr Spielspaß. Wir sollten unsere Spiele genießen und Spaß mit Ihnen haben, deswegen lieben wir sie schließlich. Aber riskieren wir nicht die Integrität unserer geliebten Spielereihen, indem wir sie an die Industrie verkaufen und uns zum müden Konsumenten degradieren. Unser Verhalten gegenüber der Industrie ist unser stärkstes Instrument – das haben Publisher wie Electronic Arts schmerzlich spüren müssen. Hüten wir unsere Games wie unsere Augäpfel, wir haben schließlich schon zu viele ganz Große verloren.

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