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Valiant Hearts: The Great War im Test – Der erste Weltkrieg in gewaltiger Kulisse

Valiant Titel

Valiant Hearts: The Great War ist ein ungewöhnliches Spiel. Es bietet nämlich eine ebenso ungewöhnliche Mischung, denn Valiant Hearts ist ein Plattformer, der im ersten Weltkrieg spielt. Richtig gehört: Im Juni diesen Jahres brachte Ubisoft Montpellier diesen überraschenden Titel heraus. Ob es ein Exempel für einen interessanten Schauplatz ist, der sonst viel zu kurz kommt – das erfahrt ihr im Test.

Das Thema des ersten Weltkrieges ist nicht das Lieblingsthema der Videospielindustrie. Während sich ganze Lagerhäuser mit Shootern im zweiten Weltkrieg füllen lassen, ist die Thematik des ersten Weltkrieges selten anzutreffen. Das mag an der geringeren medialen Aufmerksamkeit des ersten Weltkrieges liegen, vielleicht aber auch an den weiten Möglichkeiten, die der zweite Weltkrieg als Schauplatz bietet – das Ergebnis ist letztlich das gleiche. Aber das macht Valiant Hearts: The Great War so besonders.

Ich mag Spiele, die eine gute Story erzählen. Das klingt abgedroschen und ist als Redakteur auch irgendwie mein Job, aber das ist nicht so offensichtlich gemeint. Mich interessiert selten das große Epische in Spielen, der große Held in einem Mass Effect tangiert mich nicht mehr als eine Zwiebel in der Sonne. Das Schicksal von Milliarden Menschen macht den Retter wichtiger, die Schicksale der Geretteten aber umso unscheinbarer. Mich interessieren die kleinen zwischenmenschlichen Beziehungen, mit all ihren Facetten, Emotionen und Gegebenheiten. Und da bedient Valiant Hearts: The Great War auf hohem Niveau.

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In den wirren des ersten Weltkrieges, mit seinen Scheußlichkeiten vom Grabenkampf und Giftgas, erzählt Valiant Hearts: The Great War die Geschichte vom Bauern Emile und seiner Tochter Marie, ihrem Freund Karl, der Belgierin Anna und dem Amerikaner Freddie. Als 1914 der Krieg ausbricht, werden Emile, Karl und Freddie mehr oder minder freiwillig als Soldaten eingezogen – allerdings auf verschiedenen Seiten. Vom Rettungshund Walt begleitet, knüpfen sich die Schicksalsfäden der vier spielbaren Charaktere immer wieder zusammen und Valiant Hearts: The Great War entfaltet so eine unheimlich persönliche Geschichte.

Valiant Hearts handelt von Vater und Schwiegersohn auf verfeindeten Seiten. Es handelt vom Vertrauen zwischen Fremden in den Wirren des Krieges und von der persönlichen Aufopferung. Und in der Mitte steht der Hund Walt, für den die Nationalität eines freundlichen Soldaten keinerlei Unterschied macht. Die Ausgangslage der Geschichte ist in seinen Grundzügen gewöhnlich, entfaltet aber eine mitreißende und emotionale Erzählung.

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Valiant Hearts bietet neben einer interessanten Geschichte auch die Möglichkeit, sich spielerisch über den ersten Weltkrieg zu informieren. Explizite Gewaltdarstellung fehlt und in jedem Level gibt es Informationen zum Geschehen – komplett mit Jahreszahlen, Daten und Hintergründen. Mit anschaulichem Material und Farbfotos versuchen Ubisoft Montpellier die ungewöhnliche Genre-Mischung mit einem gewissen Bildungsanspruch zu kombinieren. Letztlich ist es aber jedem selbst überlassen, ob und inwiefern man sich über die Menüs bilden möchte. Die Hintergrundinformationen sind optional und die lokal vertonten und schön gesprochenen Cutscenes enthalten in gleichem Maße Informationen zum Geschehen und zu den Charakteren.

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Die fehlende Gewaltdarstellung soll aber über eins nicht hinweg täuschen: Die bildgewaltige Aufmachung von Valiant Hearts: The Great War – der große Krieg nämlich wird eindrucksvoll dargestellt. Valiant Hearts ist in teils knuffigem, teils ernstem Zeichenstil gehalten und hat hier und da witzige, völlig übertriebene Gestik der Figuren. Das verwischt aber ganz schnell angesichts des krassen Kontrasts, den die Kulisse erzeugt. Zerstörte Gebäude, Schwaden von Chlorgas und gefallene Soldaten: Valiant Hearts ist mit seiner Aufmachung nicht zimperlich und versteht es auch ohne die Darstellung von offensichtlicher Gewalt, die Schrecken des Krieges darzustellen.

Dazu kommt eine immer passende Klangkulisse. Zwar gibt es nur in den Cutscenes die gelungene Vertonung und die Sounds der Gefechte sind nicht bombastisch, musikalisch passt der Ton oft exzellent. Während im Menü ein leises Piano die Atmosphäre vorbereitet, wird unser Ansturm kanadischer Soldaten bombastisch in Szene gesetzt. Die erschreckende Kulisse und die passende Untermalung sorgen dafür, dass die Emotionalität der Geschiche und die Bindung zu den stummen Figuren nur verstärkt wird.

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Spielerisch – und das wird Valiant Hearts als Kritikpunkt vorgeworfen – bietet Valiant Hearts im Prinzip nichts Neues. Gewöhnliche und sehr einfache Rätsel, ein spielerisch träges Gameplay, kaum fordernde Aufgaben. Letztlich bin ich aber der Meinung, dass die Intention eines Spiels wichtig ist. Wenn das Spiel kein innovatives Gameplay eines Borderlands und nicht die griffe Steuerung eines Dark Souls anpeilt, sollte es auch nicht danach beurteilt werden. Valiant Hearts möchte in gleichem Maße humoristisch unterhalten und die Schrecken des vernachlässigten Ersten Weltkrieges aufzeigen – in weiter Auffassung ist Valiant Hearts eine Tragikomödie. Diesem Ziel und dem Bildungsangebot kommt Valiant Hearts also in exzellenter Art und Weise nach.

Fazit:
Valiant Hearts: The Great War führt keinen neuen Schauplatz als Standard ein. Möchte es auch nicht, soll es auch nicht: Der erste Weltkrieg wird weiterhin nicht interessant für die DICEs und Infinity Wards dieser Welt sein. Das ist auch gut so, denn Valiant Hearts zieht seinen größten Nutzen aus seinem Nischendarsein. Dem Spieler wird eine sehr persönliche und mitreißend emotionale Geschichte geboten, die dazu noch audiovisuell und intellektuell über den ersten Weltkrieg aufzuklären versucht. Mit einem Listenpreis von nur 14,99€ und einer breiten Verfügbarkeit auf verschiedenen Konsolen und dem PC kann man mit diesem erfrischenden und bewegenden Spiel nichts falsch machen.

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