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Abwärtsspirale DLC – oder: Wie Publisher ihr eigenes Image zerkratzen

Die Spieleindustrie befindet sich in einem paradoxen Zustand. Immer mehr Publisher und Entwickler buhlen um die Gunst der Spielerschaft. Millionen von Dollar werden in PR-Kampagnen investiert und „Franchise Branding Executives“ tippen sich die Finger an einem gelungenen Firmenbild wund. EA investierte 2009 noch über 6 Millionen US-Dollar, um die Zielgruppe auf Kinder auszuweiten.

Nicht nur Electronic Arts, seines Zeichens die „Worst Company of America“ 2012 und 2013, versucht sein Image zu retten. So hatte der Software-Gigant aus Kalifornien an vielen Stellen die Spielerschaft dermaßen verärgert, dass sie wenig später eine „Wir können das besser“-Entschuldigung veröffentlichen mussten. Viele Spieler werden Unfälle wie den Dungeon Keeper-Mobile-Port oder massive Bugs in den DLCs zu Battlefield 4 lange in Erinnerung behalten. Auch Ubisoft trifft merkwürdige Entscheidungen: So gibt es in Assassin’s Creed Unity doch tatsächlich ein Item-Paket, das für 100 Dollar gekauft werden kann. Als Letztes machten 2K Games mit Evolve auf sich aufmerksam.

Assassins Creed

Hier lässt sich schon erahnen, aus welcher Richtung der Image-Todesstoß kommt: DLCs. Ja, ja, ein leidiges Thema. Wir alle sind traurig und erzürnt darüber, dass wir inzwischen für halbfertige, auseinander geschnittene Spiele den vollen Preis zahlen. Anschließend halten Publisher mit Hundeblick die Hände auf – damit wir auch die komplette Erfahrung bekommen. Dass wir das als Spieler – gelinde gesagt – blöd finden, das kann sich jeder Publisher denken.

Wie kann es dann sein, dass diese Strategien den Publishern trotzdem als sinnvoll erscheinen? Es wirkt auf mich dermaßen grotesk, dass ich mich wie in einem David Lynch-Film fühle. Es werden große Bemühungen angestellt, effektive Werbung zu schalten und als spielernahe Firma da zu stehen. Gleichzeitig werden so offensichtlich konsumentenfeindliche Entscheidungen getroffen, dass man sich als Spieler nur fragen kann: Wie kann das sein? Scheinbar geht es auch anders: Das Studio hinter “The Witcher 3” CD Projekt Red veröffentlicht, wenn denn alles glatt läuft, 16 DLCs für The Witcher 3 – alle kostenlos. Und das bringt Sympathie.

EA

Aktuelles Beispiel: Evolve. Von allen Seiten als innovativer Shooter gefeiert, gewann der asymmetrische Online-Shooter bei der E3 2014 u.A. die Awards für „Best Action Game“ und „Best Online Multiplayer“. Was kann da noch schief laufen? Genau: DLC-Politik. Die Pläne von Entwickler Turtle Rock und Publisher 2K Games bezüglich DLCs waren dermaßen abschreckend, dass das komplette gute Image von Evolve zerschossen wurde. Für 80 Dollar dürfen Spieler eine Digital Deluxe-Edition inklusive Season Pass kaufen. Für 20 Dollar mehr gibt es einen für den PC exklusiven DLC mit einem Monster und zwei Hunter dazu. Genau, für 20 Dollar mehr.

Zudem erschien Evolve mit 44 DLC-Packs, die allesamt nicht im Season Pass enthalten sind. Um also alle Inhalte benutzen zu können, die offensichtlich gut und gerne im Basisspiel enthalten gewesen sein könnten, darf man sich die PC-exklusive Special Edition kaufen und noch 80-100 Dollar drauflegen. Das sind dann knapp 200 Dollar für ein komplettes Spiel. Das Alptraumszenario.

Wann werden große Firmen wie Electronic Arts, Ubisoft oder neuerdings 2K Games verstehen, dass die effektive Werbung in Verbindung mit der völligen Ignoranz gegenüber den Spielern ein Nullsummenspiel ist? Es wird weiter Häme regnen und es werden weiterhin Awards für die „Worst Company of America“ verliehen – bis die ganz großen Tiere das Grundlegendste über uns Spieler verstehen: Wir wollen als Konsument und nicht als laufender Geldbeutel ernst genommen werden.

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