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The Elder Scrolls Online: Tamriel Unlimited – Was taugt die Buy2Play-Umsetzung?

Das Vertriebsmodell “Buy-to-Play” wird unterschätzt. Buy-to-Play bedeutet: Man bezahlt zwar im Gegensatz zu Free-to-Play für sein Spiel, monatliche Abonnements entfallen aber komplett. Dabei ist Buy-to-Play vor Allem für MMORPGs eine lohnende Alternative zwischen kostenlosem Free-to-Play und monatlichen Gebühren. Das hat sich auch das amerikanische Entwicklerstudio Zenimax gedacht und ihr MMORPG “The Elder Scrolls Online” um seine monatlichen Gebühren erleichtert.

Damit geht The Elder Scrolls Online nach circa einem Jahr zu Buy-to-Play über und wird um das Suffix “Tamriel Unlimited” erweitert. Ab jetzt müssen Spieler nur einen festen Preis bezahlen und können The Elder Scrolls Online: Tamriel Unlimited unbegrenzt spielen. Am 19. Juni erscheint The Elder Scrolls Online: Tamriel Unlimited ebenfalls ohne Abonnement auf der Playstation 4 und der Xbox One. Ob das Sinn macht und wie sich The Elder Scrolls Online: Tamriel Unlimited jetzt schon schlägt, verrät unser Test.

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Ein ungewöhnliches MMORPG

 

The Elder Scrolls Online ist kein gewöhnliches MMORPG. Nach über zehn Jahren Herrschaft durch Blizzard’s MMO-Titanen World of Warcraft hat sich ein Typus MMORPG etabliert, der starre Skill-Ketten der aktiven Spielerbewegung vorzieht. Andere MMORPGs wie Guild Wars 2 und bisweilen auch Wildstar wehren sich dagegen. The Elder Scrolls Online zieht mit und bietet ein actionreiches Kampfsystem – samt Ausweichmanövern, Blocken und Ego-Perspektive. Aber bevor man sich mit Stab und Schwert in den Kampf begibt, muss erst einmal ein Held erstellt werden.

Dabei geht es zu wie gewohnt: Wir wählen eine Rasse, das Geschlecht, eine der drei Allianzen und eine Klasse – anschließend widmen wir uns so essentiellen Faktoren wie der Augenbrauen-Breite und dem Barthaar-Radius. Hier bedient sich Zenimax direkt der starken The Elder Scrolls-Lizenz und bietet zehn Rassen, die auch aus der beliebten Spielereihe bekannt sind – unter anderem Orks, Dunkelelfen, Khajit und Kaiserliche. Alles in allem doch ein Editor, wie man ihn gewohnt ist. Auffallend dabei: The Elder Scrolls Online bietet insgesamt nur 4 Klassen.

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Auch das Handelssystem in The Elder Scrolls Online ist ungewöhnlich – es ist nämlich stark dezentralisiert. Kein Auktionshaus und kein globaler Markt: Spieler sammeln sich in Handelsgilden, die dann für viel Geld Händler an Knotenpunkten mieten können. Über diese können die Gildenmitglieder anschließend ihre Waren verkaufen. Einen Richtwert für den Wert der Waren gibt es kaum. Da helfen letztlich nur einige der vielen Addons für The Elder Scrolls Online, die die Spieler auch ohne Probleme selber erstellen können.

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Wenig Klassen, viel Freiheit

 
Wenig ja, aber nicht zu wenig: The Elder Scrolls Online setzt auf freie Charakterentwicklung. Die vier Klassen umfassen zwar die typische Rollenverteilung von Damage-Dealer, Heiler und Tank. Wer sich aber für den Drachenritter, den Templer, den Zauberer oder die Nachtklinge entscheidet, kann trotzdem jede Rolle einnehmen. Das liegt daran, dass keine Klasse an irgendwelche Waffen oder Rüstungen gebunden ist – ein Zauberer kann eine schwere Rüstung tragen und der Templer mit einem Stab einen tollen Heiler abgeben. Dazu kommen pro Klasse drei verschiedene Skill-Trees, die frei kombiniert werden können. Die jeweiligen Fertigkeitsstufen für die Waffen, Rüstungen und Skill-Trees steigen mit der Häufigkeit an, wie sie auch benutzt werden. Nur wer seine Skills und Waffen auch benutzt, erlangt neue Fertigkeiten.

Leider hat The Elder Scrolls Online nicht die breiten Skill-Leisten, die man aus Genregrößen wie World of Warcraft gewohnt ist. Es können nur bis zu fünf Fähigkeiten und eine besonders kraftvolle Ultimate-Attacke gleichzeitig in die Leiste gepackt werden. Wer Level 15 erreicht hat, kann noch eine zweite Leiste anlegen und zwischen den beiden Variationen wechseln. Das ist zwar schon etwas angenehmer, einen offensichtlichen Grund für die schmalen Spielraum gibt es aber nicht. Insgesamt bietet The Elder Scrolls Online aber eine Menge Möglichkeiten, um mit verschiedenen Charakter-Builds zu experimentieren. Wenn man seine Skillpoints falsch investiert, ist das auch nicht schlimm – sie können jederzeit neu verteilt werden.

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Leider ist die Auswahl für die Magier unter uns dünn ausgefallen: Während Nahkämpfer direkt drei Waffentypen zur Auswahl haben, kann der Magier nur auf den Feuer- oder Heilungsstab zurückgreifen. Auch die Fertigkeiten ähneln sich mit Ausnahme einiger Beschwörungszauber zu sehr – eine Art Feuermagie fehlt beispielsweise komplett. Die Genre-Konkurrenz bietet mit verschiedenen Klassen mehr Abwechslung für Magier: In Guild Wars 2 gibt es beispielsweise neben dem multitalentierten Elementarmagier auch einen klonenden Mesmer. Insgesamt funktioniert die freie Entwicklung aber erfrischend gut. Den Spieler mit ein paar Klassen mehr an die Hand zu nehmen, das hätte The Elder Scrolls Online aber auch gut getan.

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Viel Content zum Start

 
Ein Mangel an Inhalten ist der Todesstoß für jedes MMORPG. Zenimax hat deswegen in The Elder Scrolls Online auch jetzt schon eine Menge Inhalte aufgefahren. Insgesamt bietet The Elder Scrolls Online schon jetzt 16 Gruppen-Dungeons. Diese sind in zwei Varianten vorhanden: Wer das Level-Cap von Level 50 erreicht und sich den ersten Veteranen-Rängen nähert, kann die schwere Variante der Gruppen-Dungeons mit drei anderen Spielern ansteuern. Dazu kommen noch viele öffentliche Dungeons, die über ganz Tamriel verteilt sind. Aber auch 6 verschiedene Berufe wollen aufgelevelt, Ressourcen gesammelt, Sidequests erfüllt und die weitläufigen Karten erforscht werden. Das Aufleveln der verschiedenen Berufe geht leider reichlich langsam vonstatten und bringt kaum Erfahrung ein – das liegt einerseits an den vielen benötigten Materialien, andererseits am ständigen Mangel der Zutaten. Grund für den Mangel ist auch, dass die Ressourcen auf der Karte immer nur von einem Spieler abgegrast werden können und anschließend verschwinden.

Leider funktioniert das Questing in einer Gruppe nicht so reibungslos, wie man es aus anderen MMORPGs kennt. Quest-Fortschritte werden nur bei typischen Sammel- und Töte-Quests übertragen – ansonsten muss jeder Spieler seine Aufgabe selber erledigen. Das verlangsamt nicht nur das Questing, es fühlt sich auch unnötig an und motiviert nicht zur Gruppenarbeit. Unglücklicherweise gibt es auch keine Möglichkeit, anderen Spieler automatisch zu folgen – viele Genrekollegen bieten dem Spieler diese Möglichkeit. Alles in allem fällt es eher mühsam aus, mit Freunden durch Tamriel zu ziehen. Das ist insofern schade, als dass sich die prächtigen Umgebungen gerade dafür wunderbar anbieten würden.

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Wer nicht nur gegen den Computer, sondern auch gegen andere Spieler antreten möchte, für den bietet The Elder Scrolls Online den Allianzkrieg. Ab Level 10 kann man in Tamriels Hauptstadt Cyrodiil reisen und auf einer weitläufigen Karte Kämpfe gegen Spieler der anderen Allianz antreten. Verschiedene Arten von Aufträgen bieten hier etwas Orientierung: Kopfgelder, Kundschafter-Aufträge oder Kampfbefehle können frei ausgewählt und gegen Erfahrung absolviert werden. Die Erfahrungspunkte, die man im Allianzkrieg sammelt, kommen dem Charakter zugute. Die Dauer der Runden kann der Spieler selbst bestimmen: Sie rangieren von 4 Tagen über zwei Wochen bis zu einem Monat.

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Top-Inszenierung dank Top-Lizenz

 
Was die Inszenierung angeht, kann es The Elder Scrolls Online locker mit anderen MMORPGs aufnehmen. Viele Entwickler von MMORPGs haben bisher nur in diesem Genre gearbeitet – die Erfahrung, die Bethesda mit storygetragenen Rollenspielen gemacht hat, kommt The Elder Scrolls Online mächtig zugute. Das fängt bereits mit den überzeugenden Startgebieten der drei Allianzen an: Besonders das Startgebiet des Ebenherz-Paktes, Steinfälle, weiß zu beeindrucken. In diesen zerfurchten Bergen schlängeln sich gleißende Lavaströme durch schieferschwarz verkrustete Landstriche, in denen sich Dunkelelfen und Argonier einen erbitterten Krieg liefern. Aber auch die anderen Gebiete zogen uns mit ihren Wald-, Moor- und Wüstenabschnitten in ihren Bann. Die Original-Soundtracks der The Elder Scrolls-Spiele tragen grandios zur Atmosphäre bei.

Die HeroEngine aus The Elder Scrolls Online kam schon in Biowares MMORPG Star Wars: The Old Republic zum Einsatz und erzeugt schöne Eindrücke. Die Elder Scrolls-Lizenz ermöglicht Zenimax, die schönen Landstriche aus Tamriel dank der HeroEngine schön auszuschmücken. Angenehme Lichteffekte und ansehnliche Umgebungen belohnen den Spieler für seine Erkundung noch weiter. Durch die abwechslungsreichen Gebiete setzt Zenimax den Wunsch der Spieler nach bekannten Gebieten gelungen um und lässt sich dennoch genug Neues einfallen. Da aber lange nicht alles auf der Karte von Tamriel mit begehbaren Gebieten ausgestattet ist, hat The Elder Scrolls Online noch viel freien Raum für weitere Inhalte. Für ein MMORPG bietet The Elder Scrolls Online grafisch ein hohes Niveau.

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Erzählerisch gelungen

 
Zenimax weiß, wie man Geschichten erzählt. Erzählerisch bietet The Elder Scrolls Online eine für ein MMORPG spannende Geschichte ganz im Stile der Reihe. Es geht um einen König, den Verrat und den daedrischen Prinzen Molag Bal – das ganze Klimbim, aus dem Fantasy so gestrickt ist. Wir erleben die Geschichte in Form eines Seelenlosen, der im Folter-Paradies Kalthafen aufwacht und den mysteriösen blinden Propheten findet. Mit seiner Hilfe soll er Molag Bal stoppen. Dieser versucht nämlich, die Grenze zum Schattenreich Oblivion mithilfe von Dunklen Ankern zu zerreißen. Diese Anker tauchen übrigens auch außerhalb der Hauptquest als zufällige Events auf der Karte auf.

Auf dem Weg zu diesem noblen Ziel begegnet der Spieler vielen Haupt- und Nebenquests, die allesamt überdurchschnittlich gut inszeniert sind. Das geht schon bei der Vertonung los: Alle Quests besitzen gesprochene Dialoge. Und dazu überraschend gut! Vor allem die englischen Dialoge sind überzeugend gesprochen und bieten gleichermaßen Witz und interessante Charaktere. Ja, selbst der Käseprinz Sheogorath gibt sich ein Stelldichein. Und wenn man den kleinen, quirligen Goblin Byz hört, kann man sich Erinnerungen an Gollum nicht verkneifen. Dass in einem MMORPG alle Quests vertont sind, ist eine (tolle) Sache. Dass sie auch noch sehr gut vertont sind, das ist Zenimax hoch anzurechnen.

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Dass die Quests durch die Dialoge mal etwas länger dauern, da muss sich der Spieler dran gewöhnen. Wer sich aber – vor allem als Fan der Reihe – voll auf das Gesprochene einlässt, der wird seinen Spaß mit den überzeugenden Quests haben. Schön ist auch, dass das Verhältnisch zwischen “Sammel X / Töte Y”-Quests und denen mit richtiger Handlung angenehm ausgewogen ist. Viele Quests bieten alternative Vorgehenweisen, zwischen denen sich der Spieler entscheiden kann. Möchte ich die Wache außer Gefecht setzen oder sie überreden? Rette ich die Schüler aus dem Schattenreich oder töte ich sie, um die Quest zu beenden? Die Entscheidungen haben eher moralische Auswirkungen, bringen aber Abwechslung in das Journal.

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Buy-to-Play kann sich lohnen

 
Das Konzept “Buy-to-Play” hat naheliegende Vorteile: Der Entwickler nimmt durch den Kaufpreis noch immer Geld ein, kann trotzdem einen Ingame-Shop einfügen und verschenkt sein Spiel nicht. The Elder Scrolls Online: Tamriel Unlimited geht das ganz ähnlich an. Für kaufbare Inhalte bietet sich nun der Kronen-Shop: Hier können neben Kostümen, Erfahrungsboni, Reit- und Haustieren auch diverse Upgrades gekauft werden. Darunter fällt beispielsweise die Möglichkeit, mit allen Rassen in allen Allianzen spielen zu können – das ist ansonsten nur mit der etwas teureren Imperial Edition von The Elder Scrolls Online möglich. Insgesamt fällt der Großteil der kaufbaren Gegenstände aus dem Kronen-Shop aber kosmetisch aus und bietet keine spielerischen Vorteile.

Wer aber dennoch ein Abonnement abschließen möchte, kann eine Art Premium-Mitgliedschaft erwerben: ESO-Plus. Die Mitgliedschaft dafür wird ebenfalls für 12,99€ im Monat abgeschlossen und enthält neben Gratis-Kronen auch Erfahrungsboni. Das ist zwar selbst für Buy-to-Play-Titel nicht die Regel und macht es bezahlenden Spielern etwas bequemer, bringt die Balance von The Elder Scrolls Online aber nicht nennenswert in Gefahr.

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Insgesamt scheint sich die Spielerschaft einig zu sein: Das Modell “Buy-to-Play” mit alternativem Abonnement tut The Elder Scrolls Online gut. Es zieht mehr Spieler nach Tamriel, die Community ist leidenschaftlich bei der Sache und es tut dem Titel keinen Abbruch, dass es keine monatlichen Gebühren mehr bekommt.

Unser Fazit:
 
Das Wichtigste voran: Erwartet kein Skyrim mit Megaserver! The Elder Scrolls Online ist zwar kein gewöhnliches Online-Rollenspiel, es ist und bleibt aber ein MMORPG. Ein paar technische Schwierigkeiten, zähes Gruppen-Questing und mühsames Crafting stehen dem Spielspaß noch entgegen. Die grandiose Inszenierung der Welt, samt der humorvollen Quests, der tollen Vertonung und des lohnenswerten Erkundens macht das aber wett und den Kernpunkt des Spielspaßes aus. Zenimax reizt die Welt von The Elder Scrolls aus und lässt uns auf mehr Content aus der legendären Rollenspiel-Reihe hoffen.

Wer World of Warcraft für das schlichtweg perfekte MMORPG hält, der wird mit The Elder Scrolls Online keinen Ersatz finden. Für alle, die mit der Welt von The Elder Scrolls aber etwas anfangen können, die ein MMORPG mit viel Entscheidungsfreiheit gut finden oder einfach mal nach Tamriel wollen – für die ist The Elder Scrolls Online genau das Richtige.

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