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Metal Gear Solid 5: The Phantom Pain im Test – Maximale Freiheit

Metal Gear Solid 5: The Phantom Pain ist der Abschied von Hideo Kojima. Der Begründer der legendären Schleich-Serie verlässt Partner und Publisher Konami zum Ende des Jahres. Umso mehr Grund, sich das finale Werk des findigen Entwicklers anzuschauen. Bereits zur diesjährigen Gamescom haben wir Metal Gear Solid 5: The Phantom Pain angetestet – und euch eine Vorschau präsentiert. Wie das endgültige Produkt nun ausgefallen ist, das erfahrt ihr im Test.

Du kriegst das schon hin!

Im Sommer wird es in Afghanistan verdammt heiß. Die Temperaturen in den kargen Bergen klettern im Juli gut und gerne auf 40 Grad. Während ich also auf einem trockenen Felsen liege und sich die Sonne in meinen Nacken brennt, ziele ich ruhig. Ich ziele ruhig durch das Fernrohr meines Scharfschützengewehrs auf die sojwetischen Soldaten im Dorf Wialo, nördlich von Kabul. Dort soll es einen Bauplan für eine Maschinenpistole geben. Und meine Mission ist es, den Plan zu besorgen.

Spätestens wenn der zweite oder dritte Soldat den Staub küsst, wird es eng. Die Wachen haben mich bemerkt. Kreischend geben sie der Zentrale meine Position über Funk durch. Als der Mörserbeschuss beginnt und die ersten Bomben heulend auf mich niederschlagen, mache ich mich auf den Weg. Den ersten Explosionen weiche ich aus, als ich mit dem Sturmgewehr im Anschlag das Dorf betrete. Danach ist das Glück vorbei: Die nächste Mörsergranate erwischt mich und beschert mir ein “Game Over”.

Volle Unterstützung aus der Luft und dem Labor

Gut, das lief nicht ganz so glücklich. Im besten Fall spielt MGSV unauffällig und ganz ohne Gegner zu töten – manchmal wird es aber auch grob. Die Hauptsache ist aber, das Ziel zu erfüllen. Wie wir das tun, das überlässt uns das Spiel – Hauptsache, die Mission wird erfüllt. Während der Missionen gibt uns The Phantom Pain eine Menge Freiheiten. Etwaige Ausrüstungen und Begleiter dürfen wir selber bestimmen oder uns im Feldeinsatz abwerfen lassen. Anschließend dürfen wir uns aussuchen, ob wir den gesuchten Spezialisten lieber umbringen oder für unsere eigenen Zwecke rekrutieren.

So oder so: Das Geld wird dringend benötigt. Nachdem die aus Metal Gear Solid: Peace Walker bekannte Mother Base im Prolog Ground Zeroes zerstört wurde, machen sich Big Boss und Kaz an den Wiederaufbau der ehemaligen Ölplattform. Kurz nach dem Angriff werden wir schwer verletzt und fallen ins Koma – neun Jahre lang. Nachdem wir aufgewacht sind und langsam wieder auf die Beine kommen, wird die Einrichtung angegriffen. Die halbe Welt will uns tot sehen – so auch die Geheimorganisation Cipher.

Wie uns klar wird, steckte Cipher schon hinter der Zerstörung der Mother Base. Seitdem die Mother Base – und damit gewissermaßen das Lebenswerk von Kaz, Big Boss und der “Militaires Sans Frontières” – zerstört wurde, kennen die beiden nur noch eins: Rache. Nachdem wir den packend und durchaus brutal inszenierten Prolog abgeschlossen haben, geht es an den Wiederaufbau der Mother Base. Dafür gründeten sie eigens die unabhängige Militär-Organisation “Diamond Dogs”.

Was tut es? Es leuchtet blau.

Um Geld für die Erweiterung der Basis und die Erforschung neuer Gegenstände zu sammeln, dürfen diverse Haupt- und Nebenmissionen absolviert werden. Das geht von “schmutzigen Missionen” wie das Erledigen von Offizieren bis hin zu Rettungsmissionen von Geiseln. Das gesammelte Geld und alle geretteten Personen werden anschließend dafür genutzt, die Mother Base auszubauen. Die verschiedenen Teams bekommen das für ihre Forschungen und Aufgaben passende Personal zugewiesen – und entwickeln anschließend neue Waffen oder bauen die Mother Base mit neuen Plattformen aus.

Die neuen Gegenstände können anschließend mit in die Missionen genommen oder von einem Unterstützungshubschrauber abgeworfen werden. Auch das Pferd, das uns über die weiten Strecken in Afghanistan transportiert, werten wir so auf. Jede Verbesserungen, die wir so vornehmen, wirkt zumindest auch im Einsatz nützlich. Wenn wir beispielsweise einen Dolmetscher retten, der uns anschließend die Gespräche feindlicher Soldaten übersetzt – dann fühlen sich die Rettungen und Verbesserungen auch sinnvoll an. Das ganze Konzept erinnert doch sehr an die Spielmechaniken aus Metal Gear Solid: Peace Walker. Auch hier war es möglich, seine Mother Base zu verbessern und mit neuem Personal zu füllen. In The Phantom Pain fallen die Missionen und Verbesserungen dafür wesentlich gewichtiger und spannender aus.

Erst etwas Pathos, dann viel Story

Hideo Kojima kam in keinem Ableger der Reihe davon weg, dem Spiel einen übernatürlichen Touch zu verleihen. In Snake Eater traten uns halb-pflanzliche Scharfschützen und wahnsinnige Kosmonauten entgegen, in Sons of Liberty war es ein unsterblicher Vampir. In Metal Gear Solid 5 treten wir den schaurigen Soldaten von Cipher, dem mysteriösen Skullface und anderen Gefahren gegenüber. Die Begegnungen werden in serientypisch spektakulär inszenierten Zwischensequenzen dargestellt. Dabei werden die für die Story wichtigen Begegnungen in scheinbar normale Missionen verwoben. Auf dem ersten Blick können wir nämlich nicht erkennen, ob uns eine Mission in der Geschichte voranbringt. Sobald wir aber dem Missionsziel näher kommen und uns anschließend eine Meute von übernatürlichen Soldaten entgegensteht – dann kommt die Story ins Rollen.

Ganz ohne Pathos kommt die Geschichte dann aber doch nicht aus. Metal Gear Solid 5 ist an vielen Stellen Fanservice par excellence und wirft uns bekannte und unbekannte Figuren entgegen – immer episch, bewegend und aus dem angeblichen Soldatenleben gegriffen. Die Handlung voller Rache, Entbehrung, Verrat ist zwar stellenweise triefend emotional, aber ganz serientypisch und deshalb genau richtig. Die Geschichte legt dabei nicht ganz so den Fuß aufs Gas wie in den Vorgängern. Bis die Story so richtig losgeht, dauert es einige Stunden – dann aber zieht sie richtig an.

“Da ist kein ‘Das kenn ich doch!’-Gefühl”

Insgesamt bietet Metal Gear Solid 5 einen ordentlichen Umfang. Mit ungefähr 50 Haupt- und massenhaften Nebenmissionen ist man an die 100 Stunden beschäftigt. Ebenso will die Mother Base komplett ausgebaut, das beste Personal rekrutiert und die letzte Waffe (Ui, Wasserpistole!) erforscht werden. Der Spielablauf mit seinen episodenartigen Missionen gibt uns viel Freiheit und sorgt dafür, dass sich jeder Durchlauf frisch anfühlt. Konami betont übrigens, dass viele Faktoren wie Wetter und Positionen der Gegner in jeder Mission rein zufällig sind. Anders als bei linearen Teilen der Reihe wie Metal Gear Solid 3 kommt so nie das “Das kenn ich doch!”-Gefühl auf.

Technisch muss sich Metal Gear Solid 5 nicht verstecken. Die weitläufigen Areale werden durch die hauseigene Fox Engine schön dargestellt, die Wetter- und Lichteffekte lassen die Areale erst einmal lebendig wirken. Wenn man genauer hinsieht, passiert auf dem Boden und in der Luft leider relativ wenig – die spärliche Fauna lässt die Levels insgesamt recht klinisch ausfallen. Die Animationen sind geschmeidig, die Modelle detailliert: Serientypisch ist das grafische Bild absolut stimmig, setzt aber keine neuen Maßstäbe.

Musikalisch konnte sich Hideo Kojima mal richtig austoben. Wer dem Twitter-Account des bebrillten Genies folgt, bekommt regelmäßig seinen Musikgeschmack um die Ohren gedonnert. Verschiedenste Songs aus den 80ern von Bands wie Europe, Joy Division oder The Cure tauchen im Spiel auf – und warten darauf, in Form einer Kassette vom Spieler gefunden zu werden.

Unser Fazit:
Wie verdammt gespannt war ich auf Metal Gear Solid 5. Nachdem mir der Vorgänger die dramaturgischen Schuhe ausgezogen hatte, waren die Ansprüche groß. Die Geschichte von Metal Gear Solid 4 war ein großer Schlussstrich, der emotionaler garnicht werden konnte. Leider schafft es Metal Gear Solid 5 nicht, das gleiche erzählerische Tempo wie sein Vorgänger zu erreichen. Die freie Missionswahl und die langsam anrollende Geschichte mag nicht jedem gefallen – auf jedem Fall besitzt sie aber da typische Flair der Reihe. Und deshalb ist das auch Meckern auf ganz, ganz hohem Niveau. Metal Gear Solid 5 sitzt chronologisch mitten in der Reihe – deshalb alleine kann kein epischer Abschluss wie im Vorgänger erreicht werden.

Die Freiheiten, die uns Metal Gear Solid 5 bietet, sind dafür gleichzeitig seine größte Stärke. Die Möglichkeiten, unsere Einsätze durch Forschung und Ausrüstung zu spezialisieren, setzen uns an den Schalthebel und machen jede Mission zum spannenden, gut durchdachten Einsatz, in dem jede Entscheidung Auswirkungen hat. Die Freiheit in den Missionen wird durch eine hübsche Grafik und eine charmante Klangkulisse abgerundet. Fans der Reihe dürfen keinen Schritt an Metal Gear Solid 5 vorbei machen. Alle Freunde von gut durchdachten, komplexen und mitreißenden Geschichten sind ebenfalls herzlich zum Abschiedswerk von Hideo Kojima eingeladen.

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