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Resident Evil Origins Collection im Test – Remake eines Remakes

Vor knapp 20 Jahren begründete Capcom mit Resident Evil das Genre des Survival-Horrors und erkundete all die Facetten dessen, was uns noch Jahre später vor dem heimischen Bildschirm zu Tode erschrecken sollte. Alleine mit der ikonischen Einstiegsszene, in der wir mit Jill Valentine in den zwar leeren, aber von unbekannten Schrecken durchsetzten Fluren einer verlassenes Herrenhauses auf einen Untoten treffen, beeindruckte Capcom sofort.

Der Schwenk auf den Kopf des Zombies, wie er sich an einer Leiche labt und sich dann zum Spieler umdreht, all das vor schwarzem Hintergrund und mit düsterer Soundkulisse unterlegt – das ist Videospielgeschichte. Sechs Jahre später wurde Resident Evil Zero auf Nintendos Gamecube veröffentlicht und sollte dank der passenden Vorgeschichte einige Lücken in der Handlung des Erstlings füllen. Zwar war das Konzept eines Horror-Genres, das Action und Terror verbinden sollte, längst nichts neues mehr. Mit einem Buddy-System, aufgebohrtem Gameplay und verbesserter Technik sollte Resident Evil Zero aber zumindest mich bewegen, mir eigens für diesen Titel einen der lilanen Würfel zuzulegen.

Capcom hat sich mit den neuesten Ablegern ihrer bekannten Gruselreihe bekanntlich nicht mit Ruhm bekleckert. Die Formulierung “neueste” muss da etwas weiter formuliert werden: Seitdem Resident Evil 5 im Jahr 2009 erschienen ist und einen wesentlich actionreicheren Kurs einschlug, war die Fahrtrichtung der Reihe zu erahnen: Mehr Action, weniger Grusel – kaum Begeisterung seitens der Fans. Die nachfolgendenden Teile – Resident Evil 6, Resident Evil: Operation Raccoon City und Revelations 2 – schlugen die letzte Nägel in das morsche Holz des Gruselsargs. Die Fans der Reihe waren immer ganz froh, dass die “guten alten Spiele” – namentlich Resident Evil 1 bis 3 – davon unangetastet blieben. Lediglich ein Remake von Resident Evil 1 erschien im Jahr 2002 für den GameCube. Das war aber zu verschmerzen: Statt nur an der visuellen Schraube zu drehen, wurde das Spiel komplett neu aufgesetzt. Es erinnerte kaum mehr an das Original, führte aber all jene Qualitäten des Erstlings fort – und begeisterte die Spieler.

Mit der Resident Evil Origins Collection wurde wieder Hand an Resident Evil und Resident Evil Zero gelegt. Diese enthält die remasterten, also technisch aufgebesserten Versionen von Resident Evil (2015 bereits für den PC erschienen) und Resident Evil Zero (2016) und bringt sie auf die Playstation 4 und Xbox One. Um zu verstehen, was für ein Sinnbild diese Resident Evil Origins Collection darstellt, muss man sich nur die Historie dieses Spiels anschauen. Der ursprüngliche Serien-Erstling erschien 1996, vor zwanzig Jahren also. Sechs Jahre später wurde die remasterte Gamecube-Version veröffentlicht, die nicht nur die Grafik massiv verbesserte, sondern das Spiel auch neu vertonte und in eine schicke Engine steckte. Im Jahr 2015 erschien dann die PC-Version des – man entschuldige die Formulierung – remasterten Remasters aus dem Jahr 2002, das lediglich einige technische Verbesserungen einführte und das Grundgerüst der ursprünglichen Version beibehielt. Ein Jahr später – und hier schließt sich der Kreis – wird eben jenes Remaster und das aufgehübschte Resident Evil Zero auf die NextGen geschoben – und das zum Vollpreis.

Es ist zu einer Gewohnheit in der Videospielindustrie geworden, alte Mauern nachzubauen, statt sie zu durchbrechen und etwas Neues zu versuchen. Von so ziemlich jedem erfolgreichen Spiel gibt es bereits ein HD-Remaster oder die Videospielgemeinschaft schlägt sich um ein solches. In einem neuen Spiel, in einem neuen Konzept liegt auch immer ein gewisses Vertrauen des Spielers, dass er ein gutes Produkt bekommt. Das bisherige Lieblingsspiel aus der Kindheit einfach höher aufzulösen, das ist hingegen ein idiotensicheres Konzept. Und eben ein verdammt gefährliches dazu.

Für das getestete Remaster wurden die technischen Neuerungen der PC-Version übernommen: Ein neues Breitbild, hochgradig überarbeitete Charaktermodelle und eine höhere Auflösung. Die Modelle beider Spiele sind das Glanzstück des Remasters und wirklich ansehnlich. Wahlweise darf in Resident Evil 1 auch zwischen den originalen Designs und den Versionen aus den späteren Resident Evil-Teilen gewählt werden. So oder so: Die gespielte Hauptfigur sieht wunderbar aus. Besonders in Resident Evil 1 stehen Jill Valentine und Chris Redfield so aber im heftigen Kontrast zu den wirklich ausgesprochen schlecht gealterten Hintergrundtexturen. Eben diese aus dem Jahr 1996 erreichen auch irgendwann ihr Verfallsdatum und geben bisweilen ein grausiges Bild ab. In Resident Evil Zero hingegen sind die Texturen aufgrund der besseren Ausgangslage (das Original aus dem Jahr 2002 hatte schließlich sechs Jahre Vorsprung) wirklich schön und bieten ein wesentlich besseres Gesamtbild.

Wenn man von kleinen Problemen wie Sound- und Grafikbugs und unnötig langen Ladezeiten der neuen Version absieht, bleiben Resident Evil und Resident Evil Zero grandiose Spiele. Die Atmosphäre dieser Klassiker ist ungebrochen dicht und das verlassene Herrenhaus des Erstlings ist nicht ohne Grund ein Meilenstein der Videospielgeschichte. Da aber nur technische Neuerungen vorgenommen wurden, bleiben alte Makel der beiden Spiele weiterhin vorhanden. Dazu gehören die nervigen Winkel der ikonisch statischen Kameraperspektiven, eine hakelige Steuerung und ein Speichersystem, das dem Spieler regelmäßig einen Nierenhaken verpasst.

Unser Fazit:
Capcom, du machst es mir wahrlich nicht einfach. Auf der einen Seite steht die Tatsache, dass die Resident Evil-Reihe lange zur übermolkenen Kuh, zum zwanzig mal totgeschlagenen Pferd wurde – und dieses Remaster ein weiteres Sinnbild für diese Politik ist. Auf der anderen Seite flimmert auf meinem Bildschirm eine der wichtigsten Erinnerungen meiner Kindheit, was Videospiele betrifft: nämlich mein erstes Horrorspiel. Das Spiel selber macht auch heute noch Spaß und zaubert die gleiche B-Movie-Atmosphäre in das Wohnzimmer wie vor 20 Jahren. Wer das Spiel also noch nie erleben durfte und es jetzt nachholen möchte, der darf das gerne tun. Alle anderen sollten auf ihr Gewissen hören.

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