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Unsere Kinokritik zu Warcraft: The Beginning – Adaptierte Fanliebe

Wer hätte ernsthaft gedacht, dass dieser Tag wirklich eintritt. Bereits 2006 wurden erste Pläne laut, dass man Warcraft auf die Leinwand bringen möchte. Ursprünglich sollte Evil Dead & Spider-Man Regisseur Sam Raimi diesen Job übernehmen. Doch nachdem er den Film terminlich nicht halten konnte, musste sich das Team wieder von Raimi verabschieden. Zusätzlich wurde das erste fertige Drehbuch von Blizzard abgelehnt, weil es sich zu sehr auf die Allianz konzentriert hat. Das Projekt drohte bereits zu scheitern. Doch mit Duncan Jones fand sich glücklicherweise ein neuer Regisseur für die Mammut-Aufgabe. Mehr oder minder ein Newcomer, der mit Moon ein herausragendes Regie-Debüt abgeliefert hat und mit Source Code einen weiteren Kritikerliebling abdrehte. Kurz nach dem Regiewechsel lag bereits ein neuer Drehbuchentwurf vor, mit dem Blizzard einverstanden war. acht Jahre nach den ersten Ankündigungen, im Januar 2014, begannen somit endlich die Dreharbeiten. Nun, im Mai 2016, ist es soweit: Warcraft – The Beginning feiert seine Leinwandpremiere. Wir haben den Film direkt zum Release gesehen und teilen euch mit, ob sich der Kinobesuch lohnt.

Duncan Jones steht vor der schwierigen Aufgabe, langjährige Fans wie mich, zeitgleich aber auch Menschen wie meine Mutter, die noch nie etwas von “Warcraft” gehört haben, zufrieden zu stellen. Ich muss offen zugeben: Nach den ersten zwiespältigen Meinungen im Netz hatte ich schon beinahe Angst, den Film zu sehen. Angst, dass ein langjähriges Herzensthema auf der Leinwand zerrissen wird. Ich bin seit über 15 Jahren ein großer Warcraft-Fan. Begonnen bei den damaligen Strategiespielen, bis hin zu World of Warcraft und den erschienenen Romanen. Ich habe in den letzten 15 Jahren jedes Detail aufgesaugt, die Geschichte studiert, jeden Charakter genau vor Augen und nun hatte Duncan Jones 120 Minuten Zeit, mir meine Ängste zu nehmen – Und das hat er. Wie er das geschafft hat? – Das verrate ich euch.

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Doch bevor ich euch erkläre, wieso ich so angetan vom Warcraft Film bin, kommen wir zur Story: Die Welt Draenor steht vor dem Untergang. In Folge dessen suchen die dort beheimateten Orks eine neue Heimat. Ermöglicht wird das durch ein dunkles Portal, welches sich von lebendigen Seelen nährt. Der Ork-Hexenmeister Gul’dan ließ für dieses Opfer eine Reihe von Draenei, weitere Bewohner von Draenor, fangen und gebraucht ihre Seelen für die Öffnung des Portals. Da das Portal gerade genug Energie hat, um die besten Krieger auf die andere Seite zu schicken, bauen die eingefallenen Orks ein neues Tor, um die restliche Horde nach Azeroth zu holen. Doch nicht jeder ist einverstanden, mit Gul’dans Plan. Durotan, der Anführer des Frostwolf-Clans, lässt Zweifel laut werden, dass die Fel-Magie früher oder später allen zum Verhängnis werden kann. Allerdings ist ihm bewusst, dass er sich Gul’dan nicht alleine in den Weg stellen kann. Auf der anderen Seite Azeroths erfahren die Menschen im Königreich Stormwind vom Einmarsch der Orks und berufen einen Rat. König Llane Wrynn beauftragt seinen Schwager und Ritter Anduin Lothar mit dieser Angelegenheit. Unterstützt wird Lothar von Khadgar, Magier und einstiger Schüler des Ordens der Kirin-Tor. Weitere Hilfe erhalten sie von Medivh, dem Wächter von Tirisfall. Als Medivh den beiden erläutert, mit welcher Art von Magie sie es zu tun haben, beschließen sie einen Ork gefangen zu nehmen, um näheres zu erfahren. Ab diesem Zeitpunkt beginnt ein Abenteuer, von dem die weitere Existenz Azeroths und seinen Völkern abhängt.

Zwar erzählt der Film im Kern die Story des 1994 erschienenen Spiels Warcraft: Orcs & Humans, doch es gibt durchaus einige erhebliche Abweichungen zum Original. Diese Abweichungen stehen dem Film allerdings sehr gut und vereinfachen die Erzählung. Man könnte es als ein Zugeständnis an die Laufzeit des Films und den Nicht-Serienkennern sehen. So müsste der Film ohne jegliche Abweichung mindestens eine Stunde länger sein, um alles vernünftig zu erklären. Mir haben diese Änderungen insgesamt sehr gut gefallen, denn ich wurde hier und da immer mal wieder überrascht, obwohl ich die Geschichte eigentlich im Schlaf aufsagen kann. Und doch ist die Story der größte Kritikpunkt, wenn man auf die ersten Wertungen schaut. Na klar – Warcraft erzählt übers Knie gebrochen lediglich eine typische Geschichte zweier Rassen, die einen Konflikt austragen und um ihr Land kämpfen. Allerdings geht es in James Camerons Avatar um nichts anderes – und dort findet es jeder geil. Man hätte sich mehr Tiefgang und mehr Wendungen gewünscht, habe ich häufig gelesen im Netz. Dazu sei gesagt: Die Geschichte wurde ja nicht erst 2014 erfunden, sondern steht schon seit über 20 Jahren so geschrieben. Daher ist diese Kritik in meinen Augen mit Vorsicht zu genießen. Klar, der Nicht-Fan sieht nichts, was er nicht schon wo anders x-mal gesehen hat, aber manchmal ist der Weg das Ziel. Und die Welt von Azeroth und ihr Design sollten auch den geneigten Fantasy-Freund ohne Warcraft Bezug glücklich stellen. Wenn man die Welt und die Spiele kennt, sieht man lediglich noch etwas mehr, als manch anderer in dieser Welt.

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Zu diesem “man sieht noch etwas mehr, als manch anderer in dieser Welt” will ich noch näher eingehen. Gerade wenn man die Warcraft-Spiele kennt, möchte man als Zuschauer natürlich auch Dinge wiedererkennen und das gelingt Duncan Jones und seinem Team mit Bravour. Warcraft: The Beginning ist voll mit Fanservice, ohne dabei nur einmal penetrant zu wirken. Jeder kennt es: Man sieht die Verfilmung einer bekannten Marke und kriegt den Fanservice nahezu mit einem breiten Vorschlaghammer ins Gesicht geschmettert, sodass es wahrlich unangenehm wirkt. Diese Befürchtung hatte ich anfangs auch und zum Glück ist sie unberechtigt. Der Film baut sehr viele bekannte Dinge in sein Universum ein, aber drängt sie einem nicht auf. Ganz im Gegenteil: Wenn man nicht genau hinguckt, sieht man sie stellenweise nicht mal. So kann man ganz schnell mal verpassen, dass dort eben ein Ernteschnitter auf dem Feld stand oder sich ein Murloc am Fluss tummelt. Selbst Charaktergrößen wie Grommash Höllschrei werden dem Fan nur am Rande gezeigt. Nennen wir es ein gelungenes Geschenk an die langjährigen Fans. Duncan hat bewiesen, dass er ein waschechter Warcraft-Enthusiast ist, der genau weiß, wie er Fans zufrieden stellt.

Auch die Schauplätze selbst sind eine pure Augenweide und haben sofort Wiederkennungswert. Egal ob Stormwind, Loch Modan oder Karazhan, man weiß genau, wo sich die Charaktere eben befinden. Auch hier gilt: Nicht-Kenner können mit den genannten Orten natürlich nichts anfangen, doch das ist gar nicht schlimm, denn wunderschön sehen die Settings auch so aus. So gelingt es dem Team rund um Jones in nahezu allen Aspekten sowohl Kenner, als auch Nicht-Kenner gleichermaßen zufriedenzustellen. Wenn auch klar ist, dass Warcraft-Fans natürlich eine besondere Freude an diesen Schauplätzen haben werden. Einzig und allein vereinzelte Charaktere haben bei mir eine gewisse Zeit gebraucht, bis sie für mich in diese Welt gepasst haben. So wäre da Llane Wrynn, König von Stormwind. Bis zum Ende des Films bin ich nicht ganz mit seinem Aussehen warm geworden. Auch für Medivh hätte ich mir persönlich einen anderen Schauspieler gewünscht. Doch das ist Nörgeln auf hohem Niveau, denn sie machen ihren Job durchaus gut. Aber eben nur gut in meinen Augen. Khadgar und Lothar wiederum haben mir umso besser gefallen. Auf der Orkseite ist die Optik durchweg ein Traum. Die Animationen wirken weder peinlich, noch aufgesetzt. Gul’dan strahlt eine kontinuierliche Bedrohung aus, Durotan ist genau so, wie man ihn sich vorgestellt hat und auch Orks wie Blackhand erkennt man auf Anhieb. So müssen Orks auf einer Kinoleinwand aussehen.

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Doch natürlich, wie bei jedem Film und jedem Spiel, ist nicht immer alles perfekt. Auch Warcraft: The Beginning hat einige Schwächen. So gibt es einzelne Szenen, in denen ich die Animationen etwas misslungen finde. Ohne spoilern zu wollen, sage ich einfach mal Medivh und seine Blitze als Beispiel. Auch die Choreographie in den Kämpfen ist nicht immer gelungen. Durch den immensen Größenunterschied zwischen den Menschen und den Orks sehen manche Kampfbewegungen etwas gezwungen und nicht ganz flüssig aus. Die in meinen Augen unglückliche Besetzung von Ben Foster als Medivh, sprach ich ja bereits weiter oben an. Das Drehbuch selbst weitestgehend gut geschrieben. Ein bis zwei Jokes waren meiner Meinung nach nicht ganz so gut platziert, ansonsten war ich aber sehr zufrieden.

Doch diese kleinen Fehler schmälern in keinster Weise den Unterhaltungswert. Dafür gibt es zu viele Momente, die diesem Film richtig gut tun. In meinen Augen werden sowohl Warcraft-Kenner, als auch Neulinge gleichermaßen unterhalten. Eventuell haben Neulinge mit den vielen Namen anfangs ein Problem, doch ein Herr der Ringe knallt einem ähnlich viele Namen in 120 Minuten um die Ohren. Lediglich das fehlende Background-Wissen zu bestimmten Charakteren lässt Neulinge vielleicht etwas ratloser zurück, als Serienkenner – bei denen es natürlich bei jedem Namen klingelt.

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Ich persönlich habe den Film mit den Augen eines langjährigen Fans gesehen, doch ich habe mich nach dem Film auch mit einigen Neulingen unterhalten und mir ihre Eindrücke angehört. Interessanterweise nahmen beide Seiten den Film ähnlich positiv auf und einige fühlten sich sogar motiviert, mal in die Spiele oder die Bücher reinzuschauen, um mehr darüber zu erfahren. Schließlich erzählt der Film ja gerade mal die Anfänge des jahrelang andauernden Konfliktes. Unter dem Strich bekommt man mit Warcraft: The Beginning einen Film zu sehen, der Fantasykost auf hohem Level liefert.

Zwar reißt die Story keine Bäume aus, doch dazu habe ich mich ja bereits geäußert. Für Fans der Warcraft-Reihe wird es in meinen Augen nahezu nicht möglich sein, diesen Film nicht zu mögen. Ob der Film der breiten Masse und allen Nicht-Kennern gefallen wird, kann und möchte ich nicht beurteilen. Wie gesagt, habe ich mich mit vielen unterhalten, die ihn sehr gut fanden, aber natürlich kann auch der beste Film nicht jedem gefallen. Wer schon mit dem Mittelerde-Universum seine Probleme hatte, wird eventuell nicht zwingend der Azeroth-Verfechter. Wer allerdings offen gegenüber einer lebhaften Fantasywelt ist, dem wird der Film sicherlich gefallen.

Wertung (4.4 / 5.0)
[yasr_overall_rating]

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