Wenn man früher nach einer alternative für Diablo II suchte, stieß man schnell auf das sehr ähnlich aufgebaute Sacred. Auch hier konnte man in bester Hack’n’Slay-Manier eine offene Welt erkunden, Quests erfüllen und epische Items sammeln. Auch der Nachfolger Sacred 2 war sehr ähnlich aufgebaut, doch der dritte Teil von Sacred stellt nun alles auf den Kopf. Warum diese Änderungen aber alles andere als gut sind und warum der Name Sacred eher unpassend ist, das erfahrt ihr nun in unserem Test.
Die Welt von Arcania steckt mal wieder in Schwierigkeiten. Der böse Herrscher des Reichs Ashen, Lord Zane, will das Land vernichten und keiner weiß warum. Dafür klaut er das Herz von Ancaria, mit dem das Schicksal der Welt bestimmt wird. So gründen die Völker der Safiri, Khukuri, Seraphim und Ancarianer eine Gemeinschaft, um Zane aufzuhalten und das Land zu retten. So weit, so einfallslos. Aber das soll den Rollenspieler ja nicht unbedingt stören.
Wir können uns vor Beginn der Story für einen Charakter der vier Völker entscheiden. Jeder hat seine eigene Geschichte, die aber anders als in den anderen Teilen von Sacred keinen Einfluss auf den Verlauf der Story hat. Schnell landet ihr im Opening-Level. Hmmm, ziemlich eng hier, aber am Anfang muss ja eh noch alles eingeleitet und erklärt werden, deshalb denke ich mir erst mal nichts dabei. In den ersten Minuten wird dann kurz die einfache Steuerung erklärt. Wir haben eine Angrtiffsatacke, einen Konter-Move, können Ausweichen und zwei Spezialatacken einsetzen. So sind die Ork-ähnlichen Gegner für die blitzschnellen Schwertatacken meiner Seraphim-Kriegerin kein Problem.
Ich kämpfe mich schlagend und konternd durch das schön designte Stadtlevel. Schwingende Glocken hängen von der Decke, der Boden ist überall verziert und im Hintergrund brennt die halbe Stadt. Immer mehr kommt mir dadurch aber der Verdacht, dass ich mich nicht in einer offenen Welt befinde. Zwischendurch fallen Brocken von der Decke, denen wir ausweichen müssen, und drehen an einem Rad, um eine Brücke auszufahren, während uns Horden von Gegnern aufhalten wollen. Meist genügt es, einfach nur auf diese eizuschlagen. Spezialattacken sind kaum vonnöten. Nur bei Gegnern mit Schilden muss ich meine Konterattacke benutzen, um deren Schilder zu brechen. Danach heißt es wieder Kloppen was das Zeug hält. Ab und zu sind die Orks auch nur betäubt, doch auf Tastendruck stampft euer Held auf, um dem Leiden ein Ende zu setzen. Etwas schade finden wir es, dass es bei normalen Gegnern weder eine KP-Anzeige gibt, noch der von euch verursachte Schaden angezeigt wird. Nur bei kritischen Treffern steigt eine Zahl empor, mit der man aufgrund der fehlenden Energieanzeigen nichts anfangen kann.
An mehreren Punkten des Levels betreten wir eine Sicherheitszone, in der wir uns ausruhen können. Gleichzeitig dienen diese aber auch als Speicherpunkte, an die wir zurückkehren, wenn wir das Zeitliche segnen. Der letzte Speicherpunkt führt uns dabei zum Endboss des Gebiets. Dieser sieht nicht nur groß und wuchtig aus, er kann auch ordentlich austeilen. Ohne die richtige Taktik sind wir schnell weg vom Fenster. Weichen wir aber geschickt aus und greifen von hinten an, liegt er schnell am Boden und… Wir verlassen den Level, um zur Missionsübersicht zu gelangen.
Erst jetzt wird vollends deutlich, dass Sacred 3 nichts mehr mit seinen Vorgängern zu tun hat. Von einer Weltkarte aus wählen wir die einzelnen Hauptmissionen aus, die immer aus ähnlich aufgebauten Schlauchlevels aufgebaut sind. Diese sehen allesamt schick aus, mit einem Rollenspiel hat das allerdings wenig zu tun. Zusätzlich fällt es auf, dass immer wieder die gleichen Elemente mit minimalen Veränderungen in jedem Level eingesetzt werden, als ob es eine Checkliste gegeben hätte:
Hagelnde Gegenstände: abgehakt
Schlüsseltür: eingebaut
Rad zum drehen: kommt noch
Auch die Schlachten werden dabei zunehmends monotoner. Neue Gegnergruppen suchen wir verzweifelt – die meisten davon sehen sogar von Anfang bis zum Ende des Spiels fast gleich aus. Es gibt die besagten Schildgegner, kleinere Orks, Schwertschwinger mit einer Wirbelattacke und verschiedene Zauberer. Man merkt sich schnell die verschiedenen Angriffe und entwickelt eine Taktik, mit der man die Gegner vom Bildschirm fegen kann. Sogar die Bosse wirken so mit der Zeit einfallslos, obwohl sie immer noch die größte Abwechslung im Spiel bieten. Übrigens sammelt ihr während des ganzen Spiels für jeden erledigten Gegner Erfahrungspunkte, was aber paradoxer Weise der größte Fluch des Spiels ist. Kehrt ihr in frühere Level zurück, sterben alle Monster mit einem Schlag, statt sich dem Level anzupassen. Habt ihr hingegen einen zu niedrigen Level, werden aktuelle Level extrem schwer und unabhängig vom Schwierigkeitsgrad zu anspruchsvoll. Das ist gerade deswegen so sinnlos, weil das Aufleveln nur Kaufoptionen für neue Fähigkeiten freischaltet. Warum hat man es also nicht einfach weggelassen? Wahrscheinlich, um wenigstens noch einen Teil vom Rollenspiel zu behalten. So müsst ihr bei Problemen mit dem Leveln langweilige Abschnitte spielen, in denen ihr fünf Wellen von den immer gleichen Gegnern erledigt. Dabei schaltet ihr zwar auch ein neues Item frei, mir genügten allerdings die Heiltränke, um durch das Spiel zu kommen.
Auch die erlernbaren Spezialattacken sind nicht der Rede Wert. Meine Seraphim konnte einen Schallschrei ausführen, der Gegner vor mir umwirft oder betäubt, und zum Schutz eine Blitzaura erschaffen. Ähnlich sind auch die Attacken der anderen Charaktere, die sich abgesehen von dem Bogenschützen übrigens sehr ähnlich spielen. Ein wenig mehr Kreativität wäre hier schön gewesen. Denken wir zum Beispiel an den Hexendoktor aus Diablo III, der eine verdammte Wand aus um sich schlagenden Leichen erschaffen kann.
Wenn ihr übrigens denkt, dass ihr in Sacred 3 wenigstens die ganze Zeit nach epischen Gegenständen suchen könnt, dann werdet ihr jetzt heftig enttäuscht sein. Es gibt keinen Loot im gesamten Spiel, keine Waffen außer die drei Standardwaffen, die ihr automatisch erhaltet, keine Rüstungen, keine magischen Ringe oder sonst was. Die Entwickler haben somit einfach mal eines der wichtigsten Elemente eines Hack’n’Slay–Rollenspiels gestrichen und werden die Fans der Reihe damit ziemlich enttäuschen.
Dafür setzt sich der hübsche Grafikstil bis zum Ende des Spiels fort. Wir durchqueren Dschungel, Minen, Zwergenstädte und Eisgletscher, die allesamt gut aussehen, würden sie einen nur nicht ständig daran erinnern, dass wir uns in einer verschlossenen Umgebung befindet. Fast nie öffnet sich ein Bereich für uns, immer befinden wir uns in engen Gängen, erledigen Gegner, gelangen in den nächsten Gang und so weiter, bis der Boss kommt. Schick sieht es aus, wenn wir Gegner umnieten und sie dann quer über den Bildschirm fliegen. Auf einen Splatter-Effekt wurde dabei aber verzichtet. Es fliegen keine Körperteile durch die Gegend, wie man es beispielsweise aus Diablo kennt.
Der Sound des Spiels hat mich – zumindest was die Musik betrifft – überzeugt. Der Soundtrack ist zwar nicht sehr umfangreich, die einzelnen Tracks hören sich dafür allesamt gut an und passen durchgehend zur Stimmung des Geschehens. Die Sprachausgabe hingegen wurde von den Entwicklern komplett in den Sand gesetzt. Das liegt jedoch nicht an den Synchronsprechern, welche alle professionell sprechen, sondern an dem, was sie von sich geben. Scheinbar wollte man durch sinnlose, komplett unpassende Sprüche einen ähnlichen Humor wie in Borderlands 2 aufbauen. Zum einen sind die Sprüche aber weder lustig, noch passen sie zur Atmosphäre des Spiels. Es wirkt einfach nur deplatziert, wenn mir ein Endgegner mitten im Kampf an den Kopf wirft, dass er sich gleich ein paar Fischstäbchen brät. Die Krönung aber sind die Kriegsgeister, die uns auf unserem Weg begleiten und uns jeweils eine bestimmte Eigenschaft verleihen. Sie bringen immer irgendeinen schwachsinnigen Kommentar ein, der mit der Zeit einfach nur noch nervt. Der dunkle Magier zum Beispiel wollte meiner Seraphim die ganze Zeit an die Wäsche.
An der Steuerung merkt man deutlich, dass Sacred 3 auf ein Gamepad ausgelegt ist. Ihr bewegt euch mit WASD, greift mit den Maustasten an. Diese Steuerung würde dann funktionieren, wenn der Charakter auch in Richtung des Mauszeigers angreifen würde. Er agiert jedoch in Richtung der Bewegungstasten, was das Attackieren sehr ungenau macht. Mit meinem Dualshock 4 hingegen hatte ich damit keine Probleme mehr, alles ging flüssig von der Hand und wurde logisch belegt. Allgemein kann ich nur sagen, dass ich mich beim Spielen immer mehr an ein Hack’n’Slay ala God of War erinnert fühlte, was nicht zuletzt an der Steuerung lag. Ausweichen – Angreifen – Ausweichen – Spezialttacke – Finishermove, so ähnlich spielt sich das neue Sacred bis zum Schluss.
Unser Fazit:
Nach bereits acht Stunden lief der Abspann von Sacred 3 über meinen Bildschirm und ich musste mir lange Gedanken darüber machen, was ich von dem Spiel halten sollte. Es macht Spaß, sich durch Horden von Orks zu metzeln und die riesigen Bosse fertig zu machen, alleine oder in der Gruppe. Jedoch ist Sacred nicht das, was die Spieler von einem Hack’n’Slay-Rollenspiel und vor allem von der Reihe erwarten: Eine offene Welt, ein taktischeres Kampfgeschehen, dass durch vielseitige Spezialattacken bestimmt wird und epische Gegenstände. All das, was das Genre ausmacht, wurde einfach so gestrichen. Und genau hier ein entscheidender Fehler begangen: Der Name wurde falsch gewählt. Hier sollte nicht Sacred 3 auf dem Cover stehen, sondern ein ganz neuer Name. Lange Rede, kurzer Sinn: Wer Lust auf einen kurzweiligen Hack’n’Slay-Titel hat, der kann mit Sacred 3 durchaus Spaß haben. Alle anderen lassen besser die Finger davon.