in , ,

Lords of the Fallen im Test – Wie Dark Souls, nur ganz anders

Lords of the Fallen Logo

Als die ersten Gameplay-Szenen aus “Lords of the Fallen” auf YouTube flackerten, waren die Spieler begeistert. Ein westliches, düsteres Action-RPG aus einer deutschen Softwareschmiede – das klang vielversprechend und anhand des Hypes eines Dark Souls lässt sich gut erkennen, wie gerne die Leute knallharte Action-RPGs spielen. Ob Lords of the Fallen eine Kopie ist oder seinen eigenen Weg geht, das erfahrt ihr in unserem Test.

Lords of the Fallen_5

Lords of the Fallen ist einer der Titel, der mich auf mehreren Ebenen anspricht. Als großer Fan von Demon’s Souls und den Dark Souls-Titeln weiß ich ein gutes Action-RPG mit viel Anspruch zu schätzen. Abstreiten lassen sich die Ähnlichkeiten nämlich nicht: Bereits im Gameplay-Video ließ sich das schnelle Kampfsystem erkennen, das die Souls-Reihe so besonders macht. Dazu kommt die zweite Ebene: Lords of the Fallen ist ein düsteres, westliches Rollenspiel. Als eine Person, die mit JRPGs in der Regel nicht viel anfangen kann und die rohe Welt von The Witcher oder Fallout wesentlich mehr zu schätzen weiß, werde ich schnell von so etwas gelockt. Und drittens bin ich natürlich immer für Spiele mit toller Atmosphäre und grimmiger Story zu haben.

Wichtig ist für Lords of the Fallen, dass es keine Kopie von Dark Souls sein darf. Nicht etwa, weil das Gameplay von Dark Souls nicht wieder auftauchen dürfte – ganz im Gegenteil: Das knackige und unheimlich griffige Kampfsystem bietet genug Grundlage für andere Rollenspiele – solange es eben genug eigene Facetten gibt. Deswegen ist es so wichtig, dass ein Spiel mit einem ähnlichen Gameplay genug eigene Features bietet, um als vollkommen eigener Titel gewürdigt zu werden. Lords of the Fallen, vom deutschen Entwickler Deck13 Interactive, hat also großes Potential, eines der ersten soul-esquen Rollenspiele zu werden.

Lords of the Fallen_1

Ein gutes westliches Rollenspiel bedarf natürlich erst einmal einer düsteren Geschichte. Ihr steckt in der Haut des begnadigten Kriminellen Harkyn, der als Zeichen seiner kriminellen Vergangenheit eine geheimnisvolle Schrift im Gesicht trägt. Als Eskorte werden wir in ein Kloster geschickt, in dem die Rhogar – eine Art Kriegerdämonen – die Mönche getötet und Teile des Klosters in Schutt und Asche gelegt haben. Überall in dem Kloster finden wir Audio-Logs, die uns wesentlich besser als die Hauptstory selbst von den Hintergründen der Geschichte erzählen. Durch den normalen Spielverlauf erfahren wir herzlich wenig über Harkyn und seine Vergangenheit, die Rhogar oder das Kloster, in dem wir uns befinden. Auf dem Weg finden wir dazu einige Figuren, mit denen wir uns in etwas klobig animierten Multiple-Choice-Dialogen unterhalten können. Den meisten Gesprächen geht eine Entscheidung voran, die das weitere Spielgeschehen beeinflusst. Insgesamt spielt die Geschichte in Lords of the Fallen aber eine zweitrangige Rolle. Diese wird in einem Dark Souls auch nicht auf dem Silbertablett serviert, bietet aber mehr Raum für Nachforschungen. Immerhin: Es gibt ein Lore-Menü mit allen gesammelten Logs, sortiert nach Themenbereich. So kann schnell ein Überblick geschaffen werden.

Über die Vergleiche zu Dark Souls darf sich Entwickler Deck13 nun kaum wundern. Schaut man sich nämlich das Kampfsystem an, so sind viele Ähnlichkeiten zum Action-RPG von From Software zu erkennen. Neben der drei Anzeigen für Lebenspunkte, Energie und Mana, haben sich Deck13 auch einige Aspekte von der Bedienung abgeguckt. So gibt es neben leichten und schweren Angriffen natürlich auch das Blocken und Ausweichen. Tatsächlich schafft es Lords of the Fallen aber, ein intensiveres Kampfsystem als andere Action-RPGs zu präsentieren. Alles in allem wirken die schön animierten Bewegungen wesentlich eindringlicher und machen jeden Schlag auf den Gegner spürbar. Das führt gleichzeitig dazu, dass die Bewegungen schwerfälliger erscheinen – dafür aber mit ordentlich Wumms. Bei jedem Treffer schlagen Funken, es wird Rauch aufgewirbelt – und manchmal gibt es auch einen coolen Kill in Zeitlupe. Das beste Beispiel für kraftvolle Angriffe ist der Kleriker mit seinem Kriegshammer, mit dem er auch Gegner wegschleudern kann. Selbst die weniger wuchtigen Klassen, wie beispielsweise der Schurke, haben eine ordentlich spürbare Kraft hinter ihren Angriffen, spielen sich aber wesentlich wendiger als der Krieger.

Lords of the Fallen_4

Klassen? Ja, auch Lords of the Fallen fährt leichte Rollenspiel-Elemente auf. Am Anfang des Spiels darf Harkyn in eine von drei Rollen schlüpfen: Den kämpferischen Krieger, den windigen Schurken und den magischen Kleriker. Dazu kommen drei Sets mit je vier Zaubern, die man zu Anfang auswählen kann: Die Sets bieten Kampfzauber, Ablenkungen und Unterstützungszauber. Da diese Sets bunt unter sich gemischt werden können, stehen dem Spieler eine gewisse Anzahl verschiedener Spielstile zur Verfügung.

Die Attribute und Zauber werden wie gewohnt über EXP freigeschaltet. Habt ihr ein paar Gegner erlegt und etwas Erfahrung gesammelt, könnt ihr diese an sogenannten Save Shards gegen Attribut- oder Zauberpunkte einlösen. Neben den üblichen Attributen wie Stärke und Vitalität stehen jeder Klasse jene vier Zauber zur Verfügung, die jeweils noch zwei Mal verbessert werden können. Alternativ können die Mutigen unter euch ihre Erfahrung behalten und somit die Chance auf bessere Gegenstände von Gegnern erhöhen. Stirbt man dann allerdings, sind sowohl die Seelen, als auch der Bonus weg. Für eine kurze Zeit nach dem Spawn können die Seelen wieder eingesammelt werden, bevor sie im Äther verschwinden. Damit haben Deck13 ein interessantes System eingebaut, dass den Spieler zwischen Risiko und Gewinn abschätzen lässt. Die Tatsache, dass man sich mit der Erfahrung zwischen Attributs- oder in Zauberpunkten entscheiden muss, prägt die drei Klassen untereinander etwas weiter aus.

Neben einer Vielzahl an Ausrüstungsgegenständen und verschiedenen Waffen bietet Lords of the Fallen ein ganz eigenes Item: Den magischen Handschuh. Habt ihr diesen erhalten, könnt ihr mit eurem Mana Fernkampfangriffe ausführen. So kann auch der Barbar sein Mana nutzen und mit dem magischen Handschuh verschiedene Projektile abfeuern. Diese Geschosse lassen sich mit gefundenen Runen weiter modifizieren.

LordsoftheFallen_7

Insgesamt vergibt Lords of the Fallen ein paar mehr Fehler als ein Dark Souls. Die Angriffe der Gegner gehen nämlich nicht immer mit astronomischen Schadenszahlen einher. Das bedeutet aber auf keinen Fall, dass Lords of the Fallen in irgendeiner Art und Weise einfach geraten ist! Auch hier kratzt der knochige Finger des Todes oft an eurer Rüstung. Durch die linearen Abläufe und erklärten Mechaniken wird der Spieler etwas an die Hand genommen, die Kämpfe macht das aber nicht einfacher: Die Bewegungsmuster der Gegner müssen vor jedem Angriff genau beobachtet werden. Nur durch gut abgeschätzte Zeitfenster und schnelle Reaktionen kriegt man viele der unterschiedlichen Gegnerklassen unter die Erde, denn vor allem die größeren Brummer schicken Harkyn mit einem Treffer über den Jordan. Und natürlich gipfelt dieser Anspruch bei den Bosskämpfen: Diese wechseln nämlich zusätzlich ihre Taktik während des Kampfes. Je nach verbleibender Energie ändert sich das Angriffsschema des Bosses und wir müssen uns neu ausrichten. Direkt der erste Boss mutiert während des Kampfes vom laufenden Panzer zum schnellen Klingensturm – dafür belohnt uns auch jeder Boss mit einem triumphalen Gefühl, welches allerdings durch leichtere Bosse in der zweiten Spielhälfte von ca. 15 Stunden Spielzeit etwas abnimmt. Diese Dynamik macht die Bosskämpfe dafür umso ansprechender.

Ist ein Bosskampf anschließend erfolgreich bestritten, darf das Portal des jeweiligen Levels benutzt werden. Diese auf der Karte verstreuten Übergänge werden nach dem Tod eines Bosses geöffnet und beinhalten mehrere Truhen mit nützlichen Items. Da es hier weder Questmarker, noch eine Minimap gibt, müsst ihr euch die Position dieser Portale merken. Das lohnt sich aber, denn die stärkeren Waffen aus den Truhen im Portal werden gegen die feindlichen Rhogar dringend benötigt. Eure Aufgabe wird euch übrigens lediglich durch eine kurze Beschreibung offenbart – den Weg durch die oft verwinkelten Gebiete mit ihren Schaltern und Geheimtüren müsst ihr selbst finden.

LordsoftheFallen_6

Grafisch ist Lords of the Fallen mit Sicherheit einer der schönsten Titel der neuen Konsolengeneration. Dank der eigens von Deck13 entwickelten Fledge-Engine protzen die stimmigen Levelabschnitte nur so vor eindrucksvoller Beleuchtung, grandiosen Kampfanimationen und Partikeleffekten. Auch die Rüstung von Harkyn variiert zwar je nach Klasse, ist aber immer schön gestaltet und bewegt sich realistisch im Wind. Zwar schmälern die steifen Animationen in den Dialogen etwas das Gesamtbild, allerdings kann Lords of the Fallen einige grafische Geschütze auffahren und bietet ein eindrucksvolles Bild. Auf der PlayStation 4 läuft Lords of the Fallen mit 1080p, auf der Xbox One mit 900p. Dazu wird Lords of the Fallen von einem grandiosen Soundtrack begleitet. Hier wechseln sich treibende Kampfmelodien mit ruhigen, etwas an “Der Herr der Ringe” erinnernde Streichmelodien ab. Das sorgt auch dank Chor-Einlagen für einige Gänsehaut-Momente.

Fazit:
Ja, Lords of the Fallen leiht sich ein paar Elemente seines Genre-Kollegen. Nein, es ist keine Kopie. Lords of the Fallen ist ein kurzweiligeres, aber sehr intensives Rollenspiel-Erlebnis. Das knackige Kampfsystem, die aufladbaren Tränke und die Bedienung mag einigen bekannt vorkommen, eine schwache Story und klobige Dialoge mindern das Spielerlebnis leider etwas. Die Stärken von Lords of the Fallen überwiegen jedoch klar: Ein intensives Kampfsystem, stimmungsvolle Gebiete und eine wunderschöne Inszenierung machen Lords of the Fallen zum besten Rollenspiel der NextGen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert