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Stronghold Crusader 2: Der Burgenbau im Test

Stronghold Anfang

Zwölf Jahre ist es her, dass Stronghold Crusader im Sommer 2002 das Licht der Welt erblickte. Statt satten Wäldern gab es in Stronghold Crusader karge Wüste, samt Söldnern und erschwerter Landwirtschaft. Als ein Klassiker der Echtzeitstrategie begeisterte Stronghold Crusader Strategie-Fans rund um die Welt. Jetzt – 12 Jahre später – erscheint Stronghold Crusader 2 und soll nicht nur die Reihe retten, sondern das große Erbe eines ebenso großen Spiels antreten.

Nachdem wir gespannt das Spiel gestartet und eine ernüchternd karge Intro-Sequenz erlebt haben, in der zwei Klingen aufeinander und anschließend das Logo dem Spieler ins Gesicht schlägt, scheppert es altgewohnt und wunderschön: Willkommen bei Stronghold Crusader 2, mein Herr. Das weckt Erinnerungen. Ähnlich werden Spieler seit jeher in die Stronghold-Spiele begrüßt, allem voran mit der markigen Stimme des Erzählers im Serien-Erstling.

Stronghold 4

Und genau aus dieser Quelle zieht Stronghold Crusader 2 viel Überzeugungskraft. Als direkter Nachfolger profitiert Stronghold Crusader 2 von der Faszination seines Vorgängers – das liegt unter anderem daran, dass das Gesamtbild ziemlich genau übernommen wurde. Die Gebäudeauswahl unterscheiden sich kaum von Stronghold Crusader und besteht auf wirtschaftlicher Seite aus einigen Produktionsgebäuden, die wir schon im Original vorfinden konnten. Dazu gehören spaßig aufeinander aufbauende Produktionsketten wie das Brauen von Bier oder das Backen von Brot samt eines automatischen Ver- und Ankaufsystems von Waren. Für einen Echtzeitstrategie-Titel ist das eine gehörige Portion Wirtschaftssimulation, die schon die Vorgänger sehr besonders machte. Auf militärischer Seite gibt es neben den Teilen der Burg verschiedene Kasernentypen für Bogenschützen, Lanzenträger, Ritter. Schön: Es gibt wieder Verteidigungsanlagen für die Burgmauern.

Stronghold 3

Im Allgemeinen kommt im Festungsbau direkt das alte Gefühl wieder zurück, dass ich vor 13 Jahren beim ersten Stronghold verspürte und das ein großes Qualitätsmerkmal eines Strategietitels ausmacht: Der Drang eine perfekte Stadt zu errichten, samt der nötigen Verteidigung und Warenketten – dies zeichnete auch Die Siedler 3 und Anno 1603 aus. Zu gerne verliere ich mich im Aufbau meiner Stadt. Vor allem im Sandbox-Modus kann man sich in aller Ruhe dem Burgenbau widmen, neue Bewohner in die Stadt locken, sie mit allen nötigen Gütern versorgen und massig Stahl in der Waffenkammer ansammeln. Der Schwierigkeitsgrad kann geändert werden, Kämpfe gibt es nicht und der Goldvorrat erhöht sich auf Knopfdruck. Der Aufbau der Gebäude und der eigenen Burg geht erneut gut von der Hand und macht den schönsten Teil von Stronghold Crusader 2 aus – entblößt allerdings einige negative Änderungen.

Was Stronghold vor 12 und 13 Jahren besonders machte, war die Lebendigkeit der Bevölkerung. Jeder Bürger hatte etwas zu sagen, von Sorgen und Freude zu berichten, um dem Spieler somit ein direktes Feedback zu geben. Steuererhöhungen sorgten für Unmut, Attraktionen für Freude und der Galgen für Furcht – samt passender Animationen der Gebäude. Dieser Wuselfaktor fehlt bei Stronghold Crusader 2 eindeutig angesichts der stummen Figuren, die Tag ein, Tag aus ihr Handwerk verrichten und darüber keinerlei Worte zu verlieren haben. Wir fühlen uns nicht mehr wie der Lord auf dem Burgfried, sondern der stille Beobachter, der Gebäude setzt, aber von den Bürgern nichts mitbekommt.

Stronghold 2

Die Geschichte von Stronghold Crusader 2 besteht aus zwei Übungskampagnen. Eine auf der Seite von König Richard, eine auf der Seite von Saladin – und beide höchstens durchschnittlich. Wirklich begeistern konnten mich Kampagnen in Echtzeitstrategie-Titeln nie. Selbst eine pompöse Inszenierung in Warcraft 3 wirkte auf mich immer wie eine schnöde Beilage zu den grandiosen Skirmish- und Multiplayer-Matches. Das ist hier ähnlich: Trotz einiger unterhaltsamen Momente und anspruchsvollen Missionen sind die Kampagnen mit je vier Episoden zu kurz und nicht sonderlich spannend. Die Figuren erreichen nicht die markante Skizzierung, die die Gegner in Stronghold 1 ausgemacht haben – man erinnere sich nur an das Schwein, den Wolf oder die Ratte! Missionen können aufgrund der oft zu starken und manchmal schlicht dummen gegnerischen K.I. unfair ausfallen.

Der unfair hohe Schwierigkeitsgrad liegt stellenweise auch an der suboptimalen Steuerung der Einheiten. Das Führen der Soldaten ist hakelig und das Vermeiden feindlichen Beschusses mutiert zum Mikro-Gefummel – und dennoch ballern alle Einheiten kurzerhand durch diese Mauern aus Papier, die zwar unter Katapultbeschuss eindrucksvoll zusammenstürzen, dessen Architekt aber geteert und gefedert werden sollte. So viel Spaß der Bau der Burg macht, so frustrierend ist es zu sehen, wie schnell sie einstürzt. Die Kämpfe werden aber stellenweise durch zufällige Wettereinlagen aufgelockert. So schlagen beispielsweise ab und an Blitze ein, die Einheiten entzünden können. Alles in allem erreicht Stronghold Crusader 2 aber nicht die militärische Komplexität eines Total War und enttäuscht durch hakelige Einheitenführung und schwache Belagerungen.

Stronghold 1

Den beiden Übungskampagnen folgen ähnliche Scharmützel-Züge und Community-Karten. Natürlich gibt es auch einen Multiplayer-Modus. Dieser fällt zwar ziemlich abwechslungsreich, aber leider menschenleer aus. Damit kommt man zwar auf eine recht kurze Kampagne von insgesamt acht Missionen, aber durch die Scharmützel auch auf einen zufriedenstellenden Gesamtumfang. Letztlich erfüllt der Multiplayer aber nicht die Rolle des Herzstücks von Stronghold Crusader 2.

Grafisch befindet sich Stronghold Crusader 2 nicht auf dem Stand der Zeit. Selbst, wenn alle Einstellungen auf Maximum gedreht sind, sind detailarme Modelle, harte Kanten und pixelige Texturen zu finden. Im Optionsmenü lassen sich diverse Detailsgrade einstellen, eine Option für Anti-Aliasing fehlt allerdings komplett. Bis auf Abstürze bei einigen Scharmützeln sind uns nur wenige Bugs aufgefallen. Lediglich kleinere Macken wie in Mauern verhedderte Einheiten trüben das Bild. Insgesamt liefert Stronghold Crusader 2 grafisch leider kein perfektes Bild ab und kann trotz hoher Einstellungen nicht überzeugen.

Fazit:
Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Entwickler Firefly Studios möchte die Debakel eines Stronghold 3 nicht wiederholen und geht nur sehr vorsichtige Schritte. Am Original Stronghold Crusader wird nicht viel geändert und es wird sich auf alte Stärken und die Faszination der Vorgänger verlassen. Das funktioniert nicht komplett: Während der althergebrachte Burgenbau stark überzeugt und den besten Teil von Stronghold Crusader 2 ausmacht, stören an anderen Stellen die schwache K.I., die kurze Kampagne und die altbackene Grafik. Stronghold Crusader 2 ist bei weitem keine Katastrophe, aber die Vorsicht der Entwickler ist Fluch und Segen: Bewährtes Gameplay trifft auf fehlende Innovationen. Stronghold Crusader 2 ist für alle zu empfehlen, die das Original lieben und es in einem zeitgemäßeren Gewand erneut erleben möchten. Auch Fans von solider Echtzeitstrategie dürfen einen Blick riskieren!

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