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Battlefield: Hardline im Test – Better? Faster! Stronger?

Ein Crime-Drama im TV-Format, ein beschleunigter Multiplayer und Rapper Kollegah als Synchronsprecher: Visceral Games verlässt mit Battlefield: Hardline die ausgetretenen Pfade der Reihe. Zum ersten Mal entwickeln die Dead Space-Macher einen eigenen Battlefield-Titel und testen dabei eine neue Richtung der Serie. Ob Battlefield: Hardline nur ein Lückenfüller ist oder Battlefield 4 ablösen kann, weiß unser Test.

Wir brauchen mehr Schlauchlevel. Wer auch immer diesen schicksalshaften Einwand in einer Konferenz irgendeines Entwicklerstudios einbrachte, brach das siebte Siegel. Die großzügigen Maps der Einzelspielerkampagnen von Battlefield waren spätestens mit dem dritten Teil vor vier Jahren endgültig getilgt – seitdem dominieren klaustrophobisch enge Levelabschnitte die mittelmäßigen Singleplayer der Reihe. Leider ist auch Battlefield: Hardline davon betroffen.

Rein stilistisch machen die Einzelspielerkampagnen von Battlefield aber einen Wandel durch. Battlefield: Bad Company 2 konnte seinerzeit nicht mehr den witzigen Charme seines Vorgängers erreichen. Und so verließ man das humoristische Ufer und besann sich wieder auf die actionreichen Wurzeln der Serie. Die Kampagnen von Battlefield 3 und 4 waren überfüllt mit seichten Gefühlen, Explosions-Romantik und der Dramaturgie eines Call of Duty – nie konnten sie annähernd die Ansprüche einer mitreißenden Story erfüllen, die sie jedes Jahr an sich stellten. Auch Battlefield: Hardline schlägt eine neue Route ein.

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TV-Krimi in Episoden

 

Dieses Jahr hat der neue Battlefield-Teil den Anspruch, eine Art spannende Krimi-Serie zu sein. Dafür haben Visceral Games den Singleplayer in insgesamt zehn Episoden geteilt. Hier spielen wir den in Ungnade gefallenen Polizisten des Drogendezernats, Nicolas Mendoza. Seine fleißige Ermittlungsarbeit bringt ihn letztlich selbst hinter Gittern – eine Ratte in seiner Abteilung ist schuld. Diese Ratte zu entlarven ist letztlich die Aufgabe der Kampagne. Das ist das Holz, aus dem die großen Hollywood-Krimis geschnitzt sind – ein großes Feuer macht Battlefield: Hardline daraus nicht. Eher so eine Kamin-DVD, die man sich in seiner kargen Mönchszelle ansieht. Das ist vor allem deswegen bitter, weil verschiedene angesehene Drehbuchautoren an Battlefield: Hardline mitgearbeitet haben.

Die Dramaturgie, die Battlefield: Hardline aufbauen möchte, wird schnell von “Ich kenn meine Rechte!”-Floskeln und seichtem Storytelling abgelöst. Die mageren Dialoge lassen die Charaktere eher wie Hollywood-Schablonen wirken, anstatt den Spieler mitzureißen – wie es Visceral Games eigentlich geplant haben. Statt mit wirklichen Gefühlen und überzeugenden Charakteren zu fesseln, bleibt das Niveau der Kampagne allenfalls oberflächlich. Da stellt sich unweigerlich die Frage, ob ein actionreicher Multiplayer-Shooter noch einen mittelmäßigen Singleplayer braucht. Ist das nicht eher eine reine Gewohnheit, auf Krampf einen Singleplayer zu integrieren?

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Halbgares Stealth-System

 

In Sachen Gameplay: Die Kampagne hebt sich vom Vorgänger ab, macht spielerisch aber keine Verbesserungen. Das stupide Gegner-Umknallen der Vorgänger wurde um ein halbgares, stellenweise optionales Stealth-System ergänzt. Wir schleichen geduckt, schalten Gegner von hinten aus und sehen ihre Sichtradien auf der Minimap. Und warum wir einen unendlichen Vorrat an kalten, aber rauchenden Patronenhülsen zur Ablenkung mitschleppen, das verrät uns weder die Physik, noch Battlefield: Hardline.

Sollte das Schleichen mal nicht zum Erfolg führen, können wir die Gegner auch direkt angehen. Entweder wir knallen sie wie gewohnt um – oder ihnen wird die Polizeimarke entgegen gestreckt und sie werden verhaftet. Zwar bringen Verhaftungen einen Punktebonus, auf den Verlauf der Story hat unser Verhalten aber keinerlei Einfluss – und wird gegen Ende recht unrealistisch. Schade: Ein solches Karma-System hätte diese flache Mechanik berechtigt, aber so verkümmert die Polizeimarke zum kruden Beistück.

Battlefield: Hardline verlagert das Level-Design in den Sündenpfuhl Miamis. Während das Level-Design vor allem in den städtischen Gebieten überzeugen kann, so bewegt man sich zum größten Teil durch schlauchige Abschnitte. Das Erforschen des Levels wird nicht etwa belohnt, es wird mit dem Missionsabbruch bestraft. Und da durch die engen Abschnitte kein cineastischer Effekt erzielt wird, schießt sich Visceral Games ins eigene Bein und entzieht der Kampagne jede Menge erzählerisches Potential. Denn wenn schon keine überzeugenden Dialoge vorhanden sind, müssen wenigstens die Level stimmen. Battlefield: Hardline hätte gut daran getan, entweder eine spielerisch, oder erzählerisch überzeugende Kampagne zu liefern. Der Mischmasch aus kruden Mechaniken, engen Schlauchlevels und platten Dialogen erreicht aber beides nicht. Und achja: Kollegah liefert als Synchronsprecher keine gute Show ab. Echt nicht.

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Muscle-Cars und Dirtbikes statt Panzer und Jets

 

Viel wichtiger als der Singleplayer ist bei Battlefield schon immer der Multiplayer gewesen. Und der hat sich in Battlefield: Hardline ordentlich verändert. Bis Battlefield 4 war die Multiplayer immer ähnlich aufgebaut. Der Anspruch: Bigger, better, faster. Panzer rollten über weitläufige Maps, Jets düsten über die Köpfe hinweg und Scharfschützen bevölkerten die Hügel – spätestens mit Battlefield 4 waren die Multiplayer-Schlachten kinoreif. Dieser Anspruch änderte sich mit Battlefield: Hardline.

 

Battlefield: Hardline ist schnell und modern.

 

Der Multiplayer von Battlefield: Hardline ist vor allem eines: schneller als die Vorgänger. Visceral Games haben ihren neuen Titel in ein modernes, frisches Gewand gesteckt und daraus einen Crime-Shooter gebastelt. Wenn wir mit einem Muscle-Car über die Map flitzen, uns als Beifahrer aus dem Fenster lehnen oder den Tresorraum einer Bank aufbrechen, dann zeigt das besonders eins: Battlefield: Hardline soll Dinge anders machen.

In der Rolle der Polizisten oder Verbrecher stürzen wir uns in einen von sieben Spielmodi. Dabei verlässt sich Battlefield ungewohnt wenig auf bereits bekannte Variationen: Lediglich die Dauerbrenner Conquest und Team Deathmatch haben es wieder ins Spiel geschafft, nachdem sie in den Vorgängern zu den beliebtesten Modi avanciert sind. Dazu kommen Hotwire, Heist, Rescue, Crosshair und Blood Money. Der Großteil davon sind Abwandlungen altgedienter Shooter-Modi: Blood Money geht in Richtung Capture the Flag mit Geldpaketen, Rescue erinnert an die Geiselrettungen eines Counter-Strike. Besonders spannend sind dann doch eher Hotwire und Heist.

Heists sind wohl stark im Kommen. Payday machte den Anfang, GTA 5 brauchte ziemlich lang und Battlefield: Hardline lässt es sich auch nicht nehmen: Die Rede ist von geplanten Überfallen, die im Team ausgeführt werden. Während die Polizei durchweg eine defensive Rolle hat, müssen die Verbrecher in eine Bank eindringen, das Geld aus dem Tresorraum stehlen und anschließend fliehen. Mit entsprechender Absprache können hier besonders spannende Gefechte entstehen.

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Im Modus Hotwire werden die Conquest-Punkte in Fahrzeuge geladen. Um Punkte zu erzielen und gegnerische Tickets zu fressen, müssen schnelle Autos und Motorräder über die Karte manövriert werden. Erst, wenn die Geschwindigkeit konstant oben gehalten wird, werden auch Punkte gesammelt. Und während man so davon düst, wird man von Raketen, Helikoptern und Überfällen am Straßenrand bedroht. Hotwire ist ein komplett neuer Modus in Battlefield: Hardline und weiß durch seine Schnelligkeit, seine Originalität und Unverbrauchtheit zu überzeugen. Die schnellen Verfolgungsjagden über die Maps sind verdammt spaßig. Einziger Wermutstropfen: Fiese Spieler deponieren Sprengladungen an den Conquest-Karren und sprengen sie, sobald ein Spieler einsteigt. Nervig!

Der Hotwire-Modus zeigt aber anschaulich, in welche Richtung sich Battlefield: Hardline bewegt. Statt Panzern und Jets düsen Muscle-Cars und Dirtbikes über die immer noch sehr weitläufigen Maps. Damit liegt der Fokus beim Personenkampf auf naher Distanz. Das hatte schon Battlefield 3 eindrucksvoll mit dem “Close Quarters”-DLC eingeführt – und Battlefield: Hardline führt das weiter. Die meisten Fahrzeuge sind nicht mit Waffen ausgestattet, weshalb der Kampf zu Fuß unausweichlich wird. Da ist es schon fast klar, dass die Startwaffe der “Enforcer”-Klasse eine Schrotflinte ist.

Was die Klassen geht, füllt Battlefield: Hardline leider nur alten Wein in neue Schläuche. In etwas diffuse Namen verpackt, sind die Klassen Operator, Mechanic, Enforcer und Professional nur Abwandlungen ihrer Vorgänger. Der Operator ist der Medic, der Mechanic kümmert sich um die Fahrzeuge, der Enforcer ist die Support-Klasse samt Munitions-Kit und der Profi ist der Scharfschütze im Team. Dazu kommt ein Hacker, der ähnliche Funktionen wie der Commander aus Battlefield 4 hat. Die Battlefield-Reihe hat ihre Klassen bei jedem neuen Teil etwas umgestellt – in Battlefield: Hardline sind sie fast unverändert geblieben.

Eine wichtige Änderung wurde dafür bei den Upgrades gemacht. Statt neue Waffen und Aufsätze mit Kills und Punkten freizuschalten, werden erworbene Punkte auf ein Konto gepackt. Die angesammelten Dollars können dann für Waffen, Aufsätze, Tarnungen und Gadgets ausgegeben werden.

Allerdings ergeben sich einige Probleme bei der momentanen Klassenauswahl: Dadurch, dass man Waffen kaufen muss, ist das anfängliche Arsenal nicht beeindruckend. Scharfschützen hängen an der schwachbrüstigen Scout Elite fest, Enforcer müssen selbst auf großflächigen Maps die Schrotflinte benutzen. Daraus ergeben sich je nach Map erhebliche Nachteile für die unterschiedlichen Klassen. Die wenigen und unwichtigen Fahrzeuge sorgen dafür, dass der Mechaniker ins Hintertreffen gerät: Der einst nützliche Mechaniker, der Panzer und Heli wirkungsvoll reparieren konnte, verkommt nun zum granatenwerfenden Sturmsoldaten. Wenn die Fahrzeuge so zurück geschraubt werden – wozu dann noch ein eigener Mechaniker? Auch das spricht dafür, das momentane Klassendesign in Battlefield: Hardline zu überdenken.

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Viel Freiheit bei wenigen Neuerungen

 

Bei den Gadgets hat Visceral Games sich etwas einfallen lassen. Je nach Klasse dürfen unterschiedliche Gadgets gekauft werden – diese reichen von Gasmasken, über Ziplines bis zur Nitroeinspritzung bei Fahrzeugen. Dass man sich nun seine Items selbst zusammenkauft und viele besondere Gadgets zur Auswahl hat, sorgt für einen besonderen Effekt: Jede Klasse kann nun noch stärker individualisiert werden. Einige der Gadgets, wie z.B. eine Zipline oder schwere Maschinengewehre, können auch auf der Karte gefunden werden.

Generell wirkt das Feeling der Klassen wesentlich kompakter und besser auf das etwas schmalere Design von Battlefield: Hardline zugeschnitten. Die Charaktermodelle haben keine ausladenden Bewegungen mehr und halten ihre Waffen nicht mehr wie Soldaten. Die Waffe wird auch mal gesenkt, wird beim Sprint nicht hin und her geworfen. Kombiniert mit einem wirklich überzeugenden Gunplay zeichnet Battlefield: Hardline damit ein stimmiges Bild eines Crime-Shooters. Man spielt schließlich keine ausgebildeten Soldaten, sondern Kriminelle und Polizisten. Da ist ein Kriegs-Arsenal genauso unpassend wie Panzer und Jets.

Im Allgemeinen sind die Schlachten in Battlefield: Hardline weniger pompös ausgefallen. Die weiterhin genutzte Frostbite 3-Engine bietet weniger Zerstörungen als im Vorgänger, die Levolution-Mechanik stapelt eher tief. Ein umstürzender Kran oder ein kurzer Sandsturm reichen in Sachen Kinoreife nicht an einen gestrandeten Tanker aus Battlefield 4 heran. Insgesamt liefert Battlefield: Hardline aber ein gewohnt überzeugendes Bild. Schöne Beleuchtungen und viel Krach machen die Schlachten wieder zu einem audiovisuellen Knaller. Wenn dann aus dem Radio der Polizeiautos HipHop blastert und die Ladebildschirme wie News-Sendungen stilisiert sind, dann ist das etwas überzogen – aber insgesamt stimmig.

 

Unser Fazit:
Battlefield: Hardline verlässt die ausgetretenen Pfade der Vorgänger. Statt ausgedehnte Fahrzeugschlachten tritt die Infanterie in den Vordergrund. Die Spieler bekämpfen jetzt vorrangig zu Fuß – und bekommen ein neues Upgrade-System samt überzeugendem Gunplay an die Hand. Mit etwas weniger Pomp und Zerstörungswut, dafür schneller Action entzieht sich Battlefield: Hardline dem Anspruch der Serie, immer größer und lauter zu werden. Leider bedeutet das auch keinen Fortschritt in der Kampagne: Dünne Charaktere, halbgares Gameplay und seichte Dialoge machen aus dem Singleplayer nicht die TV-Erfahrung, die Visceral Games versprochen hatte.

Insgesamt weiß Battlefield: Hardline aber durch einen variablen und spannenden Multiplayer zu überzeugen. Die gute Seite von Battlefield: Hardline liegt eindeutig im Mehrspieler-Modus. Der Multiplayer ist und bleibt das Wichtigste an einem Battlefield – deswegen bietet auch Battlefield: Hardline ordentlich Potential, frischen Wind in die Serie zu wehen.

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