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Prey im Test – Bioshock und Deus Ex sitzen auf’m Baum…

Prey ist das neue Spiel von Arkane Studios, den Machern von Dark Messiah of Mght and Magic, Bioshock 2 und der Dishonored-Reihe. Gleichzeitig ist es der geistige Nachfolger des 2006 erschienenen gleichnamigen Geheimtipps. Man muss gar nicht viel über Prey wissen, um doch einiges von den Machern dieser beliebten Titel zu erwarten. Schafft es der neue Mystery-Shooter von Arkane Studios, den Erwartungen gerecht zu werden, oder ist Prey Beute statt Jäger?

Wenn ich Prey höre, dann denke ich an ein Spiel, das ich vor über 10 Jahren am PC eines Freundes gespielt habe. Heimlich dazu, denn zu dem Zeitpunkt war keiner von uns 18 Jahre alt. Aber was ich da gespielt hatte, das habe ich bis heute nicht vergessen. Eine packende Story über eine Alien-Invasion im US-Reservat? Grandios. Die Grafik, die Technik? Wunderschön. Das Gameplay? Actiongeladen und atmosphärisch. Prey war 2006 wirklich ein Geheimtipp. Das wäre er wohl heute auch noch, wäre das Spiel nicht so verflixt schwer zu bekommen. Kein digitaler Anbieter verkauft den Titel, man ist auf Gebrauchtkäufe angewiesen. Und genau deshalb bleibt Prey für mich eine wohlige Erinnerung, die ich eine Weile nicht mehr auffrischen werde.

Dafür freute ich mich umso mehr, als Bethesda vergangenes Jahr offiziell das Prey-Reboot auf der E3 vorstellte. Inzwischen ist aus der Ankündigung ein Release geworden und Arkane Studios hat das Reboot für den PC, Playstation 4 und Xbox One veröffentlicht. Meine Erwartung? Eine packende Atmosphäre und überzeugende Schauplätze – genau, wie Dishonored, Bioshock 2 und auch Prey bereits vor 10 Jahren geliefert haben.

Die Geschichte von Prey beginnt ruhig. Wir wachen in der Haut von Morgan Yu in unserem Apartment auf der Raumstation Talos 1 im Orbit des Erdmonds auf. Wir werden zu einigen harmlosen Tests gebeten und durchstreifen das Gebäude auf dem Weg zum Helikopterlandeplatz. Der bringt uns auf dem Luftweg zum Testzentrum, in dem wir einige Fragen beantworten und Aufgaben lösen müssen. Doch das geht gewaltig schief: Mitten im Experiment wird das leitende Forschungsteam von pechschwarzen Alien-Kreaturen angegriffen und wir werden mit Betäubungsgas ausgeknockt. Schnitt.

Wir wachen wieder im Apartment auf. Kaum verlassen wir die eigenen vier Wände samt Skyline-Ausblick, stoßen wir auf ein furchtbares Bild: Die ganze Raumstation gleicht einem Albtraum. Leichen, flackernde Lichter – die Alienspezies “Typhon” hat die Station übernommen und die meisten seiner Einwohner massakriert. Als wir uns auf den Weg durch die Station zu unserem Bruder machen, machen wir eine erschütternde Erkenntnis. Unser Appartment, die Tests, das Forschungsgebäude – all das war nur eine Simulation. Aber wie passt das zusammen? Und warum passiert gerade uns das? Prey spielt bereits in den ersten Stunden gekonnt mit der Unsicherheit des Spielers. Was ist Realität und was ist Simulation? Die ersten Gegner, die uns begegnen, sind – ganz passend – die sogenannten Mimiks. Wie der Name andeutet, tarnen sich die flinken Neunbeiner als gewöhnlicher Gegenstand wie eine Lampe oder ein Stuhl – nur, um uns anschließend anzufallen. Allgemein schafft es Arkane Studios mit Prey meisterhaft, eine dichte Atmosphäre zu erzeugen – beispielsweise durch Spiele mit Licht und Schatten oder dynamische Soundkulissen. Wenn wir uns durch dunkle Lagerhalle schleichen, in der abwechselnd flackernde Lampen und funkensprühende Schaltkreise die Umgebung erhellen und uns der gruselige Klangteppich immer auf Spannung hält, dann ist die Gänsehaut vorprogrammiert. Auch cool: Der findige Spieler findet an den verschiedensten Computern eine Vielzahl von Mails – und darin wichtige Informationen zur Story.

Glücklicherweise schafft es Prey nicht nur in dunklen und gruseligen Umgebungen, die Atmosphäre zu halten – sondern in allen Bereichen, die wir erkunden. Wenn wir im Rahmen der Haupthandlung das Psychotronics-Lab betreten, in dem die Alien-Spezies ihren Anfang gefunden hat, dann ist die Atmosphäre so dicht, dass man sie beinahe mit einem Netz aus der Luft fischen kann. Und es geht weiter: Um beispielsweise schnell von Station zu Station zu kommen, dürfen wir mit unserem Raumanzug einen kleinen Spacewalk um die Talos 1 herum machen. Was wie ein entspannter Spaziergang klingt, entpuppt sich als klaustrophobische Unternehmung. Verstreutes Laborequipment, hausgroße Löcher in der Außenhülle und zahlreiche Leichen pflastern den Raum um Talos 1 herum. Durchweg schafft es Prey, eine dichte Atmosphäre in den verschiedenen Bereichen von Talos 1 zu erzeugen. Dabei zollen Arkane Studios sogar Tribut an andere Franchises wie der Bioshock-Serie, indem sie einige Außenzugänge zur Station wie den Eingang zu Rapture (Bioshock 1) aussehen lassen.

Arkane Studios haben so einiges von anderen Spielen in Prey integriert. Während die Kulissen und dramaturgischen Mittel an das damals sehr innovative Bioshock erinnern, so ist Prey doch mehr als ein gewöhnlicher Action-Shooter mit etwas Grusel. Unter dem “Hold R2 to Smash”-Prinzip steckt ein ausgewachsenes Rollenspiel. In Prey sammeln wir nämlich die sogenannten Neuromods, um bestimmte Fähigkeiten der Skilltrees “Engineer”, “Scientist” und “Security” zu verbessern. So können wir beispielsweise Skills wie “Hacking”, “Reparatur” oder “Körperkraft” verbessern, um andere Vorgehensweisen auszuprobieren. Haben wir “Hacking” weit genug geskillt, können wir kleine Geschütztürme mitnehmen und sie gegen unsere Gegner einsetzen. Mit erhöhter Körperkraft können wir Müll und Schutt beiseite räumen, um neue Wege freizulegen. Insgesamt gibt Prey dem Spieler alle Freiheiten, die Aufgaben individuell zu bewältigen. Sogar neue Items wie die GLOO-Cannon, mit der wir uns neue Wege mit Schaumstoff zurechtschießen, erlauben uns eigentlich unerreichbare Bereiche zu betreten. Das erinnert positiv an Titel wie System Shock 2 oder Deus Ex, die uns ein ähnliches Maß an erfrischender Freiheit erlaubten.

Was die Technik angeht: Prey ist ein typischer “Sah-im-Trailer-besser-aus”-Kandidat. Auf technischer Ebene ist das Reboot nämlich schwach auf der Brust. Unscharfe Texturen, die teilweise auch erst sehr spät laden und sich in bester “RAGE”-Manier langsam vor dem Spieler aufbauen. Aber selbst dann ist die Grafik nicht überzeugend und besonders im Vergleich zu den vorgestellten Videos ein ziemliches – Achtung: Unwort! – Grafik-Downgrade. Dazu gehören auch einige Bugs und Glitches: Gerne verschwinden Waffenmodels, wenn man zu schnell wechselt. Protagonist Morgan Yu steht dann – buchstäblich – mit leeren Händen da. Da muss Arkane Studios nachbessern.

Audiophile Spieler können von Glück reden, dass sich Arkane Studios einen Top-Composer für Prey gesichert hat. Den mal spannenden, mal pompösen, immer überzeugenden Soundtrack zu Prey hat Mick Gordon angefertigt, der spätestens seit DOOM für seine kraftvollen Kompositionen bekannt ist. Die Atmosphäre und das Gewicht der Story von Prey wird nämlich hauptsächlich von der grandiosen musikalischen Untermalung aus der Feder von Mick Gordon getragen. Grandios!

Unser Fazit:
Prey ist grandios – und das beinahe durchgängig. Die ersten paar Spielstunden überzeugen durch eine tolle Atmosphäre und dank einer spannenden Geschichte, die uns von einer schockierenden Erkenntnis zur nächsten trägt. Kurz darauf schimmert ein vollwertiges RPG-System durch die Oberfläche, das uns durch verschiedene Herangehensweisen zum Ausprobieren motiviert. Schleiche ich durch Wartungstunnel, um die Gegner herum oder kämpfe ich mich auf dem kurzen Weg zum Ziel? Egal welchen Weg wir nehmen – jedes Areal ist spannend und atmosphärisch umgesetzt. Das ist hauptsächlich der exzellenten musikalischen Untermalung und feinen Details geschuldet, die man beispielsweise in den vielen E-Mails entdecken kann. Seine ganz offensichtliche Schwäche hat Prey leider in der Technik. Erfahrungsgemäß kann man sowas aber mit ein paar Patches fixen – eine schlechte Story oder seichtes Gameplay aber nicht. Deshalb bin ich optimistisch, dass Arkane Studios da nachbessern wird.

Wer die Ästhetik eines Bioshock, die Handlungsfreiheit eines Deus Ex und pure Sci-Fi-Spannung mag, der kommt um Prey nicht herum. Empfehlung!

Wertung: (4.4 / 5.0)
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