Vor 12 Jahren erschien Shadow of the Colossus für die Playstation 2 und gilt seitdem als eins der besten Spiele aller Zeiten. Am 07. Februar 2018 folgte das nunmehr zweite Remake auf Sonys Konsolen, dieses Mal auf der Playstation 4. Ob Shadow of the Colossus im Jahr 2018 bloß ein weiteres Remake ist oder seine großen Fußstapfen ausfüllen kann – das klärt der Test.
Einsamkeit. Kein Gefühl beschrieb Shadow of the Colossus schon 2006 besser als Einsamkeit. Die Spielwelt von Shadow of the Colossus ist nämlich komplett verlassen – beinahe jedenfalls. Nachdem sich Protagonist Wanda mit seinem Pferd Agro und den sterblichen Überresten einer jungen Frau in eine fremde Welt aufmachte, fand er nicht viel vor – außer einem Tempel und einer Stimme, die ihm die Wiedererweckung der jungen Frau versprach, sollte er es schaffen, 16 Kolosse zu töten. Unsere Aufgabe ist es also – 2006 wie 2018 – diese Kolosse zu finden, zu töten und der Frau wieder Leben einzuhauchen.
Also, Einsamkeit. Die Welt von Shadow of the Colossus enthält neben uns, unserem Pferd, den 16 Kolossen und ein paar Echsen und Vögeln nicht viel mehr. Um genau zu sein: nichts. Außer der wunderschönen Natur, den kargen Felsen, grünen Wäldern und blonden Steppen finden wir in dieser Welt nur die Kolosse, die durch unsere Hand fallen sollen. Chefentwickler Fumito Ueda wollte den gesamten Fokus der Entwicklung von Shadow of the Colossus auf das Design der 16 Kolosse legen und hat die restliche Welt deshalb bewusst karg gestaltet. Deswegen ist das Gefühl der Einsamkeit und des Bedauerns um den Tod eines jeden Kolosses tief mit dem Namen des Spiels verbunden.
Shadow of the Colossus ist deshalb mit Sicherheit nicht ein Spiel für jedermann. Das Gameplay war und ist nicht abwechslungsreich: Wir reiten vom Tempel davon, suchen mithilfe von unserem Schwert reflektierter Sonnenstrahlen nach dem nächsten Koloss, finden ihn und seine Schwachstellen, töten ihn und wiederholen das Ganze. Das Gameplay von Shadow of the Colossus ist – genau wie seine Spielwelt – extrem minimalistisch und deswegen eben Geschmacksache. Aber das ist auch seine Stärke: Denn wer es schafft, sich auf die Gefühle, die Atmosphäre und die Konsequenzen der Handlungen in Shadow of the Colossus einzulassen, der erlebt ein unvergleichliches, unvergessliches Abenteuer. Und ich sage es: Das Remake-Studio Bluepoint Games hat den Look and Feel des Originals perfekt eingefangen und auf die Playstation 4 gebracht.
Zum Look and Feel eines Remakes gehört aber eben nicht nur das Gefühl, sondern – richtig! Auch der Look – also die technische Seite. Shadow of the Colossus ist schlecht gealtert. Das Original aus dem Jahre 2006 sieht heute alles andere als gut aus, die Steuerung ist mehr als hölzern. Auch das Remake für die Playstation 3, ebenfalls von Bluepoint Games, bestand lediglich aus schöneren Texturen und einer höheren Auflösung – ein typisches Remake eben. Deswegen war ich bei der Ankündigung dieses Titels auch so skeptisch, ob Shadow of the Colossus ein weiteres Remake braucht und erträgt. Der Geruch von Geldmacherei lag in der Luft.
Aber mein Gott, habe ich mich geirrt. Das was Bluepoint Games da abgeliefert hat, darf gut und gerne als das bis dato beste Remake bezeichnet werden. Während das Studio die Assets des Originals beibehalten hat, wurde das gesamte Spiel von Grund auf neu aufgebaut. Neue Engine, scharfe Texturen, geschmeidige Animationen, ein neues Steuerungsschema, 30 Bilder pro Sekunde in Full HD – Shadow of the Colossus hat für die Playstation 4 eine komplette Verjüngungskur spendiert bekommen. Als ich das Remake zum ersten Mal gestartet und die Introsequenz sah, bekam ich den Kiefer nicht mehr zusammen und saß mit offenem Mund vor dem Fernseher – das hatte ich nicht erwartet. Ein paar aufgehübschte Texturen, vielleicht 60 Bilder pro Sekunde, alles analog zum Remaster auf der Playstation 3. Aber ein komplett neues Spiel? Niemals.
Auf technischer Ebene läuft Shadow of the Colossus auf der Playstation 4 sehr zufriedenstellend. Die Framerate plumpst nicht und bleibt bei 30 Bildern pro Sekunde, die Umgebungen sind wunderschön und atmosphärisch gestaltet. Jeder der Kolosse ist detailreich gestaltet und in Gänze ist Shadow of the Colossus schlicht wunderschön geworden. Unglaublich, was da für Arbeit drin steckt. Natürlich gibt es – wie im Original – auch Schwächen: Manch einem mag die Story zu dünn sein, einige Bosskämpfe sind gelinde gesagt frustrierend und die Steuerung unseres behuften Kumpanen ist bisweilen eher bockig. Das war im Original so, das ist 2018 nicht anders. Aber das Gesamtpaket ist trotzdem großartig. Bluepoint Games hat ganze Arbeit geleistet. Respekt!
Unser Fazit:
Wow! Dem Remake zu Shadow of the Colossus habe ich mit Skepsis entgegen geblickt und ich wurde selten so überrascht. Die PS4-Version ist nicht mehr mit dem Original zu vergleichen, so griffig ist die Steuerung, so flüssig sind die Animationen und so wunderschön ist die Spielwelt geworden. Shadow of the Colossus für die Playstation 4 ist die Blaupause für ein beinahe perfektes Remake und gehört an das Reißbrett eines jeden Studios, das sich an einem Remake versucht.
Wer Shadow of the Colossus noch nicht gespielt hat, der hat jetzt keine Ausreden mehr. Großartig!
Wertung: [usr 4.9]