Seit heute gibt es das Strategie-Spinoff der Gears of War-Reihe für den PC und die Xbox One. Der nennt sich Gears Tactics und verfrachtet die bekannten Shooter-Urgesteine in die rundenbasierte Taktik. Was Gears Tactics so kann, das klärt der Test.
Denkt man an Gears of War, so kommen einem martialische Deckungs-Schießereien mit ebenso muskulösen wie rauen Soldaten wie Marcus Fenix in den Sinn. Gears of War hat 2006 den Deckungs-Shooter quasi neu erfunden und das Genre seitdem in ihren diversen Ablegern entscheidend mitgestaltet. Die Abenteuer rund um den Kampf zwischen der Menschheit und der außerirdischen Locusts stehen seitdem für ausgereifte Action-Shooter, mit denen man als Ballerfreund prinzipiell nichts falsch machen kann. Entwickler Splash Damage trägt das Franchise nun in neue Gefilde und macht aus dem Shooter rundenbasierte Taktik a la XCOM. Das britische Studio hatte bereits bei Gears of War 4 seine Finger im Spiel und hat auch an Shootern wie Brink und Wolfenstein mitgewirkt.
Die Geschichte von Gears Tactics ist natürlich auch mit dem Gears-Universum verwoben und spielt als Prequel 12 Jahre vor dem ersten Shooter-Ableger. Wir schlüpfen in die Haut von Mechaniker Gabriel “Gabe” Diaz, der den Schraubenschlüssel durch ein Maschinengewehr ausgetauscht hat und nun den außerirdischen Locusts so richtig auf den Deckel geben möchte. In den drei Akten mit jeweils bis zu zehn Missionen trifft Gabe auf verschiedene Figuren, die man aus den Hauptspielen kennt – glücklicherweise muss man aber kein Kenner der originalen Geschichte sein, um der Handlung folgen zu können. Diese wird nicht nur für Einsteiger leicht verständlich, sondern auch mit absolut hochwertigen Zwischensequenzen samt qualitativer Vertonung erzählt. Insgesamt ist die Story von Gears Tactics bestimmt nicht seine größte Stärke, kann aber mit der Art und Qualität seiner Darstellung punkten.
Spielerisch erinnert Gears Tactics an den Genre-Primus XCOM. Wir bewegen uns in Vogelperspektive mit einem Team aus bis zu vier Gears über eine mit Ruinen, Deckungen und natürlich Gegnern gefüllte Map. Hier gilt es, sich von Deckung zu Deckung vorzuarbeiten und die verschiedenen Fähigkeiten der Gears zu nutzen, um nicht allzu früh ins Gras zu beißen.
Die Kämpfe finden komplett rundenbasiert statt und bestehen aus Fähigkeiten, die entweder auf der Klasse der Kämpfer wie Sanitäter oder Scharfschütze oder ihren freigeschalteten Skills stammen. So können wir natürlich die Locusts mit einem gezielten Beschuss anvisieren oder deren wahrscheinliche Marschroute mit einem Deckungsfeuer belegen. Ebenso können wir Splittergranaten in die Alien-Meute schleudern, Angriffe mit einem Unterbrechungs-Schuss aus unserem Blaster stoppen oder in den Nahkampf gehen und Locusts mit unserer Kettensäge zerteilen.
Generell gilt: Aggressives Verhalten wird belohnt. Die meisten Gegnertypen gehen in den Nahkampf und müssen entsprechend schnell ausgeschaltet werden. Auch die Umgebung darf man nicht aus den Augen verlieren: Es gibt bessere und schlechtere Deckungen, die je nach Höhe ganzen oder nur teilweisen Schutz bieten. Und sollte mal ein sogenanntes E-Hole auftauchen, müssen wir flink eine Granate darin versenken, um es zu schließen und Verstärkungen zu verhindern.
Generell können wir unsere Kämpfer mit gewonnen Erfahrungspunkten anhand eines Talentbaums weiter ausformen. So kann beispielsweise die Crit-Chance eines Scharfschützen weiter verbessert oder Schlachtrufe erlernt werden, die unsere Stats kurzweilig erhöhen. Außerdem finden wir regelmäßig Beutetruhen auf dem Schlachtfeld, die uns Equipment wie neue Waffen-Mods und somit mehr Durchschlagskraft liefern. So können wir unsere Figuren noch besser an unseren Spielstil anpassen und die Dynamik der Kämpfe weiter erhöhen.
Anders als im Raster eines XCOM können wir uns in Gears Tactics frei über die Karte bewegen, was meistens aber nur auf die Suche nach der nächsten Deckung hinausläuft. Echt cool: Wir sind nicht auf eine Aktion pro Runde beschränkt, sondern haben einen Pool an Aktionspunkten. Diese können wir für einen Beschuss, einen Granatenwurf, Nachladen oder für einen Lauf zur nächsten Deckung ausgeben und durch andere Aktionen sogar wieder zurückgewinnen. Ebenso können wir nach Rundenende einen festgelegte Bereich überwachen und auch ohne aktive Runde auf umherlaufende Gegner schießen. Das gibt den Runden in Gears Tactics eine tolle Dynamik und erlaubt viele verschiedene Herangehensweisen.
So müssen wir zum Beispiel Gegner flankieren, um Teammitglieder zu befreien. Wenn ein oder zwei Gegner den Bereich um einen unserer Gears überwachen, muss der Rest des Teams einen Weg um die Locusts herum finden, um den Kameraden aus dem Kessel zu befreien. Insgesamt sind die Kämpfe durch die brachialen Fähigkeiten der Gears nicht nur sehr actionreich, sondern auch überraschend dynamisch und fordernd – besonders auf den höheren Schwierigkeitsgraden und dem Ironman-Mode. Vor allem ist Gears Tactics angesichts der Tatsache, dass ein komplett fremdes Genre ausgetestet wurde, erstaunlich gut geworden. Super!
Technisch läuft Gears Tactics einwandfrei. Bei unserem Test sind keine Abstürze und nur seltene FPS-Einbrüche vorgekommen. Mit höheren Grafikeinstellungen sieht Gears Tactics dazu noch sehr schön aus. Besonders die Kill-Animationen im Nahkampf und die Schusswechsel sehen angenehm wuchtig aus. Dazu kommen die sehr hochwertigen Cutscenes, die Gears Tactics den gewohnt geschliffenen Look geben.
Unser Fazit:
Gears Tactics ist wirklich super geworden. Das ist vor allem deshalb überraschend, weil es der erste Strategie-Ableger der reinrassigen Shooter-Reihe ist. Aber Entwickler Splash Damage hat es tatsächlich geschafft, ein zugängliches Taktik-Schmankerl im Gears-Universum zu erschaffen, das Strategie-Fans mit seinen dynamischen Kämpfen und seiner polierten Darbietung begeistern dürfte. Aber natürlich ist rundenbasierte Taktik nichts für Jedermann: Wer also nichts mit Strategie-Titeln anfangen kann, der sollte auch hier nicht zuschlagen. Allen anderen sei aber gesagt: Kaufempfehlung!
Wertung: [usr 4.8]